© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/12 30. März 2012

Tupou VI. Deutschlands großer Verbündeter Tonga hat einen neuen Monarchen. Tusch!
Es lebe der König!
Christian Vollradt

Eigentlich müßte er ja Meyer heißen. Jedenfalls wenn man der Legende Glauben schenkt, daß Aho‘eitu Unuaki‘otonga Tuku‘aho, genannt Tupouto‘a Lavaka, ein direkter Nachfahre des deutschen Seemanns Hinrich Meyer aus Buxtehude ist, der im 19. Jahrhundert in der Südsee zuerst eine Häuptlingstochter geehelicht, dann über 160 kleine, meist unbewohnte Inseln sowie zwei Riffe westlich von Australien zum Königreich Tonga vereinigt und schließlich als König George Tupou I. dessen Thron bestiegen haben soll.

Auf diesem nimmt nun jener 52jährige mit dem unaussprechlichen Namen fortan als König Tupou VI. Platz. Denn am 18. März war sein älterer Bruder, König Siaosi Tupou V., überraschend und kinderlos einem Krebsleiden erlegen.

Der König ist tot, es lebe der König! Der Wechsel hat sich in der Hauptstadt Nuku‘alofa weit reibungsloser abgespielt als im rund 16.500 Kilometer entfernten Schloß Bellevue zu Berlin.

Doch weder die unterschiedlichen politischen Verhältnisse noch die räumliche Distanz können die Beziehungen zum polynesischen Inselreich trüben: Schon in einem 1877 veröffentlichten – und hundert Jahre später erneuerten – Vertrag gelobten Deutschland und Tonga sich „Frieden und immerwährende Freundschaft“. Legendär war auch die Germanophilie König Tupous IV., der Tonga 41 Jahre lang, bis 2006, regierte und in seiner besten Zeit über zweihundert Kilo wog (JF 47/10). Er schwärmte für Marmorkuchen und Bismarck, ließ sich in Braunschweig die Münzen für sein Thronjubiläum entwerfen und pflegte Freundschaft zur CSU-Spitze in München. Mit seinem Plädoyer, Deutschland müsse wieder Monarchie werden, konnte er sich allerdings weder dort noch bei Helmut Kohl und Bundespräsident Richard von Weizsäcker durchsetzen.

Tupou VI. wurde 1959 als viertes Kind Tupous IV. geboren. Er trat 1982 in die Marine von Tonga ein, absolvierte die US-Marineakademie und erhielt eine Ausbildung in Strategischen Studien in Australien. Als Prinz war er unter anderem Marine-Oberbefehlshaber, Außen- und Verteidigungsminister, Minister für Landwirtschaft und Fischerei sowie schließlich ab 2000 Premierminister auf Lebenszeit. Als 2006 zahlreiche Tongaer, darunter auch viele der im Ausland lebenden, gegen die Verhältnisse – die Macht des Adels, die Armut der einfachen Leute, die Korruption – revoltierten, trat der Vater dreier Kinder als Premier ab und entsagte der Politik.

Nun kehrt er als König zurück. Anders als sein Vorgänger soll er kein exzentrischer Playboy sein, und so ist zu erwarten, daß er die Herausforderungen anpackt: politische und ökonomische Reformen und Abbau der horrenden Schulden. Tupou VI. hat also einiges mit preußischer Disziplin und deutscher Gründlichkeit anzupacken. Eigentlich kein Problem für jemanden, der auch Meyer heißen könnte.

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