© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/12 30. März 2012

Meldungen

Dilthey: Religion als Schmerz der Leere

KÖLN. Der 100. Todestag Wilhelm Diltheys (1833–1911), des nach Fichte und Hegel bedeutendsten Philosophen der Berliner Universität, ging im letzten Oktober fast spurlos an der Öffentlichkeit vorbei. Zu den wenigen, die dem „Erfinder der Geisteswissenschaften“ Referenz zollten, gehörte der Bochumer Emeritus Gunter Scholtz, der sich im Archiv für Kulturgeschichte (2/2011) Dil-theys Verhältnis zur Religion widmet. Der examinierte Theologe, der sich nach seiner ersten Predigt lieber der akademischen Karriere zuwandte, nahm Religion primär als kulturelles Phänomen wahr, das es wissenschaftlich zu erfassen galt. Scholtz zeigt jedoch die engen Grenzen von Diltheys „Religionsverstehen“ auf, das religiöse Erfahrungen voraussetzte, die ihm wie seinen Zeitgenossen um 1900 bereits abhanden gekommen waren. So schwanke denn Dilthey zwischen hermeneutischem Anspruch und aufklärerischer Religionskritik. Er finde darum keine Basis für ein neues „Orientierungswissen“ und müsse den von ihm selbst empfundenen „Schmerz der Leere“ und die „Anarchie in allen tieferen Überzeugungen“ ertragen. (dg)

 www.geschichte.uni-erlangen.de

 

„Verblödungstoleranz“ an deutschen Hochschulen

bonn. Bei der Rechtschreibreform habe die FAZ noch den „bürgerlichen Aufstand“ geprobt, um sich dann „leise“ anzupassen. Die nun ins Werk gesetzte Abschaffung der Schreibschrift provoziere hingegen nur noch geringe Empörung. Holger Noltze, Professor für Musik und Medien an der TU Dortmund, vermutet daher, daß sich der Widerstand gegen derartige „Modernisierungen“ inzwischen erschöpft hat. Nachdem man jahrelang die „geistige Verwahrlosung“ im Privatfernsehen hinnahm und duldete, wie sich die öffentlich-rechtlichen Sender ihres „Kulturauftrags“ entledigten, glaubt Noltze nun resigniert, das Ende aller Kulturkämpfe absehen zu können (Forschung & Lehre, 1-2012). Statt Aufbegehren treffe man auch an den Hochschulen nur auf „Verblödungstoleranz“, da die Ökonomisierungslobby mit ihrer Parole „Sag es kurz und einfach“ immer erfolgreicher verhindere, in tradierter Weise zu lehren und zu lernen, wie mit Komplexität umzugehen ist. (ob)

 www.forschung-und-lehre.de

 

Erste Sätze

Wenn ich nur Augen und menschlichen Verstand hätte, könnte ich mich kaum entschließen, an eine christliche Wiedergeburt Europas zu glauben.

Kurt Ziesché: Das Königtum Christi in Europa, Regensburg 1926

 

Historisches Kalenderblatt

5. April 1962: Gegen die Stimmen der SPD beschließt der Bundestag, die Parteien in Zukunft auch mit staatlichen Mitteln finanzieren zu lassen. Erstmals für 1962 werden danach 20 Millionen Mark „Sondermittel für politische Bildungsarbeit“ bewilligt.

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