© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/12 06. April 2012

Weise mir, Herr, deinen Weg
Umbruchsprozeß: Katholische Neugründungen verändern die kirchliche Medienlandschaft
Moritz Schwedt

Die Entwicklung der deutschsprachigen katholischen Publizistik seit der Jahrtausendwende ist ein getreues Abbild der kirchenpolitischen Zustände. Die sind geprägt von einer starken Polarisierung zwischen einer romtreuen Minderheit um einige Bischöfe und Laiengruppen und einer reformorientierten Mehrheit, deren nationalkirchliches Herz im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und der Deutschen Bischofskonferenz schlägt.

Medienpolitisch setzt letztere vor allem auf Inklusion. Soll heißen: Die durch die Rundfunkstaatsverträge garantierten Sendeplätze im öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Radio sind, so substanzlos ihr Inhalt auch sein mag, zu halten und nicht durch eigene Initiativen zu gefährden. Pläne in Richtung eines kirchlichen Fernsehens etwa, um das katholische Profil zu schärfen, wurden stets wort- und bedenkenreich niedergeschlagen. Die wichtigste publizistische Initiative aus dieser Ecke, den Anschluß an das Internetzeitalter nicht zu verpassen, war das Portal katholisch.de. Es handelt sich dabei um eine Art offiziöse Seite, die dementsprechend versucht, den kleinsten gemeinsamen Nenner der Kirche in Deutschland zu finden. Ihrer Profilierung steht dies bislang – gelinde gesagt – eher im Wege.

Im massiven Niedergang begriffen sind derweil die Bistumszeitungen, einst das interne publizistische Rückgrat der katholischen Kirche in Deutschland. Lag ihre Abonnentenzahl 1996 noch bei 1,2 Millionen, so ist sie auf heute unter 700.000 gesunken, bei fallender Tendenz. Vom Niedergang des Rheinischen Merkur ganz zu schweigen.

Während die amtskirchliche publizistische Landschaft seit 2000 vor allem durch Verwaltung des Niedergangs geprägt war, sind im konservativen Spektrum eine ganze Reihe von Neugründungen entstanden, die die Vielzahl von in ehrenamtlicher Schriftleitung herausgegebenen Publikationen wie Der Fels oder Theologisches um echte journalistische Alternativen ergänzen. An die Seite der seit 1948 erscheinenden und in Würzburg ansässigen katholischen Zeitung Die Tagespost ist das Internetportal kath.net als publizistische Domäne der romtreuen Katholiken Deutschlands und Österreichs getreten.

Diese 1999 entstandene österreichische Privatinitiative hat eine weit über die Alpenrepublik hinausreichende Resonanz und wird im Vatikan neben der Tagespost als verläßlich papsttreues Medium geschätzt. Die sich aktiv an kirchenpolitischen Debatten beteiligende Seite erhält keinerlei Kirchensteuermittel und finanziert sich durch Spenden und Werbung.

kath.net grenzt sich derweil auf das schärfste vom katholischen Schmuddelkind des Netzes ab: kreuz.net. Die von einer anonymen, mit der Pius-Bruderschaft wenigstens sympathisierenden Gruppe betriebene Seite, deren Server auf den Bahamas stehen, sorgt seit 2004 in einer unnachahmlichen Mischung aus Indiskretion, Traditionalismus und anti-homosexueller und -zionistischer Gossensprache für Aufregung in den bischöflichen Palais. Alle Versuche, die Betreiber der Seite zu enttarnen, schlugen bislang fehl. Vor einer Woche wurde bekannt, daß das Bundesamt für Verfassungsschutz die Seite als grundgesetzwidrig einschätzt.

Papsttreu, aber nicht kirchenpolitisch ausgerichtet ist derweil der katholische Fernsehsender K-TV. Langsam entwächst der in der Schweiz privat gegründete und ansässige Sender dem Charme der Garage, der seine Anfänge seit 1999 geprägt hat. Das über Satellit, Kabel und Internet empfangbare Programm ist spirituell-katechetisch geprägt und wendet sich eher an ein einfaches Publikum.

Ein anderes Milieu spricht das sich an papsttreue Akademiker richtende Vatican-Magazin an, das der Rom-Korrespondent der Tagespost, Guido Horst, zusammen mit dem Rom-Korrespondenten der Welt, Paul Badde, seit 2007 herausgibt. Als Magazin bild- und rubrikenlastig, legt es Wert auf Ästhetik und geistige Stimulanz. Die verkaufte Auflage liegt bei etwa 5.000 Exemplaren.

Der gleiche Verlag, FE Medien, gibt auch seit 1988 das Pur Magazin heraus, das mit einer Auflage von 3.000 Stück erscheint. Das romtreue Monatsmagazin ist vielen Lesern durch den Skandal um die Weltbild-Verlagsgruppe in Erinnerung. Das Pur Magazin hatte vor einem halben Jahr als erster über den Vertrieb von Erotikliteratur bei der katholischen Buchandlung berichtet (JF 45/11). Chefredakteur Bernhard Müller freut sich über die gelungene Kampagne – die Amtskirche hat angekündigt, das Unternehmen abstoßen zu wollen.

Noch zwei andere Magazine aus dem katholischen Spektrum machen mit provokanten Schlagzeilen von sich reden: Das Monatsmagazin Komma aus Aachen verstößt mit Titeln wie „Obama: Teufel mit Engelsgesicht“ gegen alle Regeln der politischen Korrektheit. In ein ähnliches Horn stößt Z für Zukunft, das gesellschaftsrelevante Themen wie Gender Mainstreaming aus christlicher Perspektive erörtert.

Ein richtig großes Publikum erreichen derweil eigentlich nur die publizistischen Solitäre wie der Kölner Psychiater und Theologe Manfred Lütz oder der Spiegel-Journalist Matthias Matussek. Beiden gelingt es, ihre strikt papsttreue Botschaft in den Mainstream hinein zu vermitteln. Lützens Bücher wie „Gott“ waren Bestseller. Matusseks im Spiegel-Verlag erschienenes Buch „Das katholische Abenteuer“ hat seinem Autor Einladungen in zahlreiche Talkshows eingebracht, um die sich die Bischöfe nur zu gern drücken.

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