© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/12 13. April 2012

Deutschlands und Europas Krise
Eine neue Einheit schaffen
Rolf Stolz

Ostern – das christliche Sinnbild für Leiden, Sterben und Auferstehen – liegt hinter uns. Nach drei Feiertagen umgibt uns das alte Elend: Da unten viel zu viele, die sich mit heißer Luft und Promi-Zirkus abspeisen lassen. Hoch oben Politiker, die mit dem Geld des Volkes Lobbyistenwünsche erfüllen und Deutschlands Zukunft verspekulieren. 10 Billionen Dollar Staatsschulden allein in der OECD, 600 Billionen Dollar an offenen Derivatepositionen im weltweiten Bankensystem – das ist die Wasserstandsmeldung.

Wann aber kommt nach hundert Jahren Passion (die Weltkriege, Verfolgung, Bombenterror und Vertreibungen, Krisen und Notzeiten) die Wiedergeburt Deutschlands? Ganz sicher nicht sofort und nicht von selbst. Wenn die Weltgeschichte tatsächlich das Weltgericht ist, dann verdoppeln faule Ausreden die verdiente Strafe. Daß es immer schwierig war und schwierig bleibt – welche Banalität! Daß unsere inneren und äußeren Feinde die Deutschen auseinanderdividieren, um sie schwach und machtlos zu halten – wie sollte es anders sein? Es liegt an uns, das nicht zuzulassen.

Wir brauchen Klarheit und Wahrheit und die gibt es nur dort, wo ohne Gleichschaltung und Denkverbote der Meinungsstreit ausgetragen wird. Nur dann können diejenigen um ihren Einfluß gebracht werden, die sich an Revolutionsphrasen berauschen oder die Konservierung ihrer alten Irrtümer als konservatives Denken ausgeben wollen. Gewiß, eine Bewegung, die die elementaren moralischen Werte – das Lebensrecht des Einzelmenschen und des Volkes, den Vorrang der Familie und der europäischen Kultur – in Frage stellt, ist tot und überflüssig. Allerdings gilt auch: Jede politische Kraft, die das Land ohne Reformation der Ökonomie und Überwindung der Maximalprofit-Zwänge, ohne Mobilisierung der immer weiter ausgeplünderten Arbeitenden retten will, ist von vornherein gescheitert.

Nur wenn soziale Verantwortung und Traditionsbewußtsein zueinanderfinden, kann eine neue Einheit geschaffen werden, die rechten und linken Demokraten ihre Eigenheiten und ihre Gegensätze läßt, aber gemeinsames Handeln ermöglicht für gemeinsame Ziele. Bruderkriege untereinander sind für die Deutschen, denen das Aussterben droht, überflüssig und lebensgefährlich.

 

Rolf Stolz war Mitbegründer der Grünen und lebt heute als Publizist in Köln.

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