© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/12 13. April 2012

Gisèle Littman hält die Verschmelzung Europas mit dem Islam für politisch gewollt
Kampf gegen Eurabien
Manfred Kleinehartlage

Das Schlüsselereignis im Leben der 1933 in Kairo geborenen Historikerin Gisèle Littman, alias Bat Ye’or (hebräisch, zu deutsch: „Tochter des Nils“) war zweifellos die Vertreibung der Juden aus Ägypten nach dem Krieg mit Israel 1956: „Ich hatte erlebt, wie eine lebendige jüdische Gemeinschaft zerstört wurde, die in Ägypten mehr als 2.600 Jahre gelebt hatte (...) Ich habe am eigenen Leibe die Härte des Exils und das Elend der Staatenlosigkeit erlebt, und ich wollte die Ursachen verstehen: (...) Warum die Juden aus arabischen Ländern, fast eine Million, dasselbe erlebten.“

Bat Ye’or, die 1959 durch die Heirat mit dem britischen Historiker und engagierten Zionisten David Littman britische Staatsbürgerin geworden war, zog 1960 in die Schweiz, wo sie bis heute lebt und forscht. Ihr Spezialgebiet ist die Geschichte religiöser Minderheiten unter islamischer Herrschaft, deren Status sie im Begriff der „Dhimmitude“ zusammenfaßte. Die Dhimmitude ist das Leben von Nichtmuslimen unter den meist erniedrigenden, diskriminierenden und ausbeuterischen Regelwerken der Dhimma („Schutzvertrag“), deren Anwendung dazu führte, daß die einheimischen Gemeinschaften durch die erobernden Muslime in die Minderheit gedrängt, vielerorts ausgelöscht wurden.

Mit dieser Geschichtsschreibung, deren bedeutendstes Einzelwerk „Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam“ auch in deutscher Sprache erhältlich ist, geriet sie in Konflikt mit einer Islamwissenschaft, die zu islamophiler Geschichtsklitterung tendierte.

Wer gegen ideologisch motivierte Geschichtslegenden zu Felde zieht, macht sich wenig Freunde. Wo ein Geschichtsbild sakrosankt ist, endet der Respekt vor dem Andersdenkenden; die Verfechter der etablierten Ideologie stempeln ihn dann zum Paria. Bat Ye’or steht damit nicht allein.

Sie ging der Frage nach, warum die Legende von der islamischen Toleranz als historische Leiterzählung etabliert wurde, und stieß dabei auf das von ihr sorgfältig dokumentierte Eurabia-Projekt: Europäische Institutionen verfolgen seit den siebziger Jahren eine Politik der Verschmelzung Europas mit dem arabischen Raum, einschließlich der damit verbundenen muslimischen Massenmigration.

Leider belastet Bat Ye’or die Stringenz ihrer Argumentation, indem sie auf Biegen und Brechen und mit einem Hang zu aggressiver bis hysterischer Polemik die abenteuerliche These zu beweisen versucht, diese Eurabia-Politik sei vor allem ein Mittel der EU zur Vernichtung Israels und eine durch Antisemitismus motivierte direkte Fortsetzung der Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten. Die Autorin selbst dürfte damit ihren Teil dazu beigetragen haben, daß ihre ansonsten wichtigen und aufrüttelnden Erkenntnisse bei weitem nicht die Beachtung gefunden haben, die sie verdienen.

 www.dhimmitude.org

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