© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/12 13. April 2012

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema „Suche nach dem Sinn“, JF 15/12

Schweigen im Gehorsam ertrotzt

Der „Fall Oblinger“ beschäftigt mich bis heute. „Christus war für uns gehorsam bis in den Tod, bis zum Tod am Kreuz.“ Diese ergreifenden Worte der Karfreitagsliturgie werfen ein ganz besonderes Licht auf den kirchlichen Gehorsam.

Wenn ein Pfarrer seinem Bischof bedingungslosen Gehorsam leistet – wie im Falle des Ichenhausener Stadtpfarrers –, so ehrt ihn dies und verähnlicht ihn Christus. Wenn allerdings ein Bischof zu genuin christlichen oder ethisch-politischen Themen, die allgemein als brennend empfunden werden, Schweigen im Gehorsam ertrotzt, so sei dem denkenden Menschen eine Frage erlaubt: Gelingt es hier nicht Satan, im Namen des Gehorsams eben jene Verwirrung der Geister zu stiften, die wir mit Recht als das Fehlen eines Prinzips empfinden, welches in der Lage ist, Werte zu koordinieren und in ein System der Geordnetheit zu bringen?

Magdalena S. Gmehling, Seubersdorf

 

 

Zu: „Partei aus Notwehr“ von Karl Feldmeyer, JF 15/12

Es fehlt der richtige Widerstand

Endlich scheint es immerhin gelungen, das öde Parteienkartell in Deutschland durch den Einzug der Piraten in zwei Landesparlamente ein wenig aufzumischen. Die diesbezügliche Analyse zum Aufstieg der Piraten sowie der Kommentar von Dieter Stein zeugen einmal mehr von großem politischem Sachverstand. Es fehlt nur der Widerstand dieser Piratenpartei gegen die Politik und die weitgehend gleichgeschalteten Medien in bezug auf die sogenannte Euro-Rettung. Denn die Piraten haben sich bisher weder zur Einführung des Euro noch zu den mit der „Euro-Rettung“ verbundenen Milliarden-Bürgschaften geäußert, obwohl beides von der Mehrheit der Deutschen abgelehnt wurde und wird. Als Protestpartei schlechthin müßten die Piraten, die doch eine Basisdemokratie fordern, mit Rücksicht auf diese Basis im Volk eigentlich vor allem die völlig verfehlte Euro-Politik der Polit-Oligarchen (mit gewisser Ausnahme der Linkspartei) in Berlin hart kritisieren. Sie wären dann im Gegensatz zu den gleichgeschalteten Parlamentsparteien die einzig echte Opposition. Die FDP hat diese Chance verpaßt. Wenn die Piraten hier versagen, kann Hoffnung einzig nur noch von der Etablierung einer national-konservativen Rechtspartei kommen. Die Zeit dafür ist überreif!

Henning Burgwald, Kappeln

 

 

Zu: „Frischer Wind durch Piraten“ von Dieter Stein, JF 14/12

Billigster linker Mainstream

Nein, daß die Piratenpartei „auf sympathische Weise den Nerv“ treffe, kann man wohl kaum sagen! Meinen jedenfalls nicht. Was ist denn daran sympathisch, wenn „Transparenz“ gefordert wird, man selbst sich aber mit Vorliebe der Anonymität des Internet bedient; was ist daran sympathisch, wenn Leute, denen man – vielleicht ungerecht, aber wenn man ihren Artikulationen lauscht, wohl nicht unbegründet – unterstellen kann, kaum je ein Opernhaus oder Theater von innen gesehen zu haben, den Verzicht auf Subventionen für Opernhäuser fordern? Ich persönlich will nicht eines Tages von Leuten regiert werden, denen Kultur (soweit sie nicht mit „www...“ beginnt) und Religion gleichermaßen wenig gelten; von Leuten, die einen Bundespräsidenten daran bewerten, wie „internetaffin“ er ihnen erscheint!

Die „Piraten“ sind keine wirkliche Protestpartei; sie sind eher billigster linker Mainstream, geistlos, kulturlos, in einem primitiven Sinne anti-elitär. Ihre „Antworten“ sind auch nicht utopisch, wie Dieter Stein meint. Wer ein „bedingungsloses Grundeinkommen“ fordert, um den ganzen Tag auf Kosten anderer Menschen Unsinn am PC zu produzieren, den kann man sicher auf mancherlei Weise bezeichnen – aber nicht als Träger einer Utopie.

Und wenn man die „Piraten“ als Alternative zum verlogenen Betrieb der anderen Parteien begrüßt, dann lehrt ein Blick in die Geschichte: Was sich als Alternative zum Schlechten anbietet (oder anbiedert), muß deshalb noch lange nicht gut sein. Daß eine solche „Partei“ sich überhaupt etablieren kann, die ja doch nur eine weitere linke Kraft ist, daß sie von den Medien jetzt gehätschelt wird, daß ihren Protagonisten (sprich: Gestalten) bereitwillig Platz in den Medien eingeräumt wird, den keine wirklich politisch kritische Gruppierung bekommen würde – das zeigt ein übriges Mal den Tiefstand der politischen Kultur in Deutschland und die de facto ideologische Gleichschaltung der Medien.

Karsten Erdmann, Anklam

 

Mehr Farbe, weniger Stimmen

Spätestens wenn die Piraten zunehmend Farbe bekennen müssen, werden sie ihre Unbestimmtheit verlieren und für manchen nicht mehr wählbar sein. Die Entzauberung wird folgen.

Andreas Frick, Besigheim

 

 

Zu: „Das letzte Fauchen des Löwen“ von Dirk Wolff-Simon, JF 14/12

Britische Marine doch stärker

Der Autor Ihres Beitrages hat richtig erkannt, daß die Royal Navy seit Jahren schrumpft, es trifft jedoch nicht zu, daß sie nur noch über 25 Fregatten und den Träger HMS Illustrious verfügt. Weitere aktive Schiffe der Royal Navy sind unter anderem der Träger HMS Ocean, 7 Zerstörer der Typen 42 und 45, 11 Atom-U-Boote der Trafalgar-Klasse, der Astute-Klasse und der Vanguard-Klasse sowie amphibische Landungsschiffe. Zwei große Flugzeugträger (65.000 BRT) werden gerade gebaut.

Werner Ziegler, Berlin

 

 

Zu: „Frisch gepreßt: Regionalcharakter“, JF 14/12

Ein seriöser Wissenschaftler

In der Besprechung meines Buches „Die deutschen Regionalcharaktere“, erschienen im Husum Verlag, behauptet Ihr Rezensent: „Selbst überaus belastete Argumentationspfade, wie jene des NS-Anthropologen und Rassenforschers Friedrich Keiter mit seiner Studie ‘Ansätze zur Volkscharakterkunde im volkskundlichen Schrifttum’ von 1936 läßt Vonderach nicht unbeachtet.“

Dazu stelle ich erstens fest: Friedrich Keiter wertet in seinem Aufsatz „Ansätze zur Volkscharakterkunde im volkskundlichen Schrifttum“ die regionalen Charakterbeschreibungen aus der deutschen volkskundlichen Literatur, angefangen mit Wilhelm Heinrich Riehls Studie über die Pfälzer von 1854, in tabellarischer Form nach den für die jeweiligen Regionen genannten Charaktermerkmalen aus. Das ist kein „überaus belasteter Argumentationspfad“, sondern ein völlig normales und legitimes Verfahren, das nichts mit NS-Ideologie zu tun hat.

Zweitens war Friedrich Keiter kein „NS-Anthropologe“, die Bezeichnung ist denunzierend und verleumderisch, sondern wie andere seriöse Wissenschaftler ein Anthropologe, der (auch) in der NS-Zeit tätig war. Das ist ein Unterschied.

Andreas Vonderach, Oldenburg

 

 

Zu: „Romantische Projektionen“ von Wolfgang Kaufmann, JF 13/12

Nachhilfe für das Reenactment

Dem Autor ist zu danken, für dieses Buch wurde es höchste Zeit. Aus Ärger über das Fehlen von Veröffentlichungen in diesem Bereich spiele ich schon seit einigen Jahren mit dem Gedanken, mich selbst an dieses heikle und eigentlich noch wesentlich weitreichendere Thema zu wagen. Heikel deshalb, weil sich gerade auch in Deutschland eine verklärte Sicht auf die Geschichte der Indianer etabliert hat, die mit der Realität so gut wie nichts zu tun hat.

Die wohl weltweit größte Zahl an Indianer-Hobbyisten (Reenactment-Szene) und Indianer-Fangemeinde bei uns haben ihr Entstehen zu einem Großteil genau dem verklärten Bild eines Karl May oder ein James Fenimore Cooper mit zu verdanken. Das muß nicht weiter verwundern in einem Land, in dem eine eigene Heldenverehrung als anrüchig angesehen wird und wo sich eben viele Menschen Ersatzhelden suchen. Der „edle, rote Mann“ kommt da gerade recht und wird dabei nicht selten zur Lichtgestalt erhoben. Viele Erkenntnisse der letzten hundert Jahre, die immer noch, oftmals verbissen, als wissenschaftliche Fakten gepredigt werden (zum Beispiel die Clovis-Theorie) sind heute schlichtweg nicht mehr haltbar, weshalb auch die Bezeichnung „First Nations“ heute eigentlich falsch ist.

Thomas Grosse, Bitterfeld

 

Indianer werden nicht vertreten

Warum echauffiert sich der Buchautor Thomas Jeier über die Spielcasinos in einigen US-amerikanischen Indianer-Reservaten, während er die Vernichtung der Indianer völlig ausblendet? Schließlich haben systematische Vertreibungen, immer wieder gebrochene Verträge, unzählige Massaker und Vernichtungsfeldzüge gemäß dem Prinzip der verbrannten Erde nach 200 Jahren zum Tode von zirka einer Million Indianern geführt, die – so Jochim Fernau in seinem Buch „Halleluja“ – abgeschlachtet wurden.

Mit Kanonen und Reptiergewehren wurde gegen Pfeil und Bogen vorgegangen. Es galt die Devise, daß nur ein toter Indianer ein guter Indianer sei (General Sheridan 1868). Den Höhepunkt dieses haßerfüllten Völkermords bildete am 29. Dezember 1890 das Massaker am Wounded Knee/South Dakota. Die US-amerikanische Geschichtsschreibung nennt es Schlacht – tatsächlich waren unter den etwa 350 Toten meist Frauen und Kinder (Dee Brown: „Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses“). Übrigens: Indianer sind in der amerikanischen Volksvertretung nicht zu finden.

Gerhard Hense, Tann

 

 

Zu: „Ein Ende mit Schrecken“ von Markus Brandstetter, JF 13/12

Wir stehen an zweiter Stelle

Auch wenn man das Verhalten der FDP in bezug auf eine 70 Millionen Euro teure Transfergesellschaft aus wirtschaftspolitischer Sicht durchaus nachvollziehen kann – was bringt eine Transfergesellschaft für 11.000 über ganz Deutschland verteilte Mitarbeiter? –, so mutet dieses Verhalten doch grotesk an in Anbetracht der Tatsache, daß unser Außenminister Westerwelle am Tag zuvor exakt 70 Millionen Euro den Palästinensern als Soforthilfe geschenkt hat. Von den milliardenschweren „Rettungsschirmen“ für andere Länder mal ganz abgesehen.

Wieso werden wir seit Jahren von Parteien regiert, für die die Interessen der einheimischen Bevölkerung an zweiter Stelle stehen, während sie weltweit mit deren Steuergeldern hausieren gehen?

Joachim Nöll, Siegen

 

 

Zu: „‘Die Quote ist demütigend’“, im Gespräch mit Sabine Schwind von Egelstein, JF 12/12

Quotierung erinnert an die UdSSR

Die Quotierung der Frau erinnert an ähnliche Quotierungen bei Ordensverleihungen in der ehemaligen UdSSR nach Parteizugehörigkeit, Nationalität, Frauenanteil – so daß die, die zu Erfolgen am meisten beigetragen haben, selten zum Zuge kamen. Eigentlich ist das die Folge der Gleichheitsideologie, die es zur „Gleichheit“ zwischen Leistung und Nicht-Leistung bringt. Vielleicht wäre hier auf Nietzsche zu verweisen: „Des Mannes ist hier wenig, darum vermännlichen sich die Weiber. Denn nur wer des Mannes genug ist, wird im Weib das Weib erlösen.“

Franz Harder, Leopoldshöhe

 

 

Zu: „Grausame Vorstellung“ von Baal Müller, JF 12/12

Neo-evangelische Verwirrung

Zum Ende Ihres Artikels, der die Willkür der Fristenlösung mit stringenter Logik bis zur makabren Absurdität einer „postnatalen Abtreibung“ weiterdenkt, wird noch auf den religiösen Aspekt hingewiesen. In der Tat sollte man meinen, daß jede Religion, die etwas auf sich hält, den Kindesmord im Mutterleib verurteilt. Nicht so die sogenannte Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern. Sie hat mit ihrer Rosenheimer Erklärung vom April 1991 faktisch grünes Licht für die Abtreibung gegeben. Wenn man dann noch an das in Hessen-Nassau mit Kirchensteuergeld geförderte Unterfangen „Bibel in gerechter Sprache“ denkt, das angesichts des unsäglichen Schwachsinns dieser „Umformulierung“ eher „Bibel in gelinkter Sprache“ heißen sollte, fragt man sich erstens, ob Luthers einmalig schöne und kraftvolle Bibelübersetzung eine „ungerechte“ Sprache ist, und zweitens, ob nicht der große „Verwirrer“ (verwirren = altgriech. diabolein) diese neo-evangelische Vereinigung am Wickel hat.

Dr. Reinhard Böhler, Lauf

 

Resultate der Relativierung

Selbst ungeborene Kinder sind kleine Menschen, auch wenn diese noch nicht ein ausgeprägtes Persönlichkeitsbewußtsein haben. Jeder Mensch weiß es, daß er nicht das Recht hat, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen. Es steht im Dekalog Gottes. Hier sieht man wieder mal, wie weit wir damit kommen, daß die Gebote Gottes – eines nach dem anderen – immer mehr relativiert werden.

Ingrid Schmidt, Wittibreut

 

 

Zu: „Eine Heilung der Nation war nicht beabsichtigt“ von Thorsten Hinz, JF 12/12

Aufzucht dubioser Politiker-Elite

Der Beitrag über das Reeducation-Programm der Besatzungsmacht beantwortet die Frage, warum wir so viele Lehrstühle für Politische Wissenschaft haben, nur zum Teil. Eine weitere jüngere Ursache ist einerseits die Absicht, viele billige Studienplätze zu schaffen, und andererseits der Wunsch der Parteipolitiker, sich wissenschaftlich zuarbeiten zu lassen. Die Qualität der politischen Arbeit ist dadurch in keinster Weise verbessert worden. Vielmehr wird mit den Absolventen dieser Studiengänge eine Politiker-Elite herangezogen, die von der Lebensrealität wenig Ahnung hat. Von der Uni wird direkt als Assistent eines Politikers in die „hohe Politik“ gewechselt. Das Ergebnis sind politische Regelungen, die nicht praktikabel sind, deren Auswirkungen überraschen und die womöglich verfassungswidrig sind.

Prof. Horst Göbel, Niefern-Öschelbronn

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