© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Präsidentenwahl in Frankreich
Noch ist alles offen
Jürgen Liminski

Die Siegesprognosen der Demoskopen und Medienschaffenden für die Präsidentschaftswahl in Frankreich gingen weit daneben. Dennoch trommeln sie ungerührt weiter. Schließlich steht die Aufklärung links und die darf nicht angezweifelt werden. Man sollte sie an Voltaire erinnern, der immerhin meinte, „niemand hat das Privileg, sich immer zu irren“.

Auch die Prognosen für die Stichwahl haben etwas Willkürliches. Denn die Linke hat ihr Reservoir ausgeschöpft, sie ist nun in der zweiten Runde darauf angewiesen, daß viele Wähler von Marine Le Pen zu Hause bleiben. Der Sozialist François Hollande wird zwar etwas Zulauf vom Front National bekommen, weil nach seinem Sieg das rechte Lager sich völlig neu sortieren müßte und Le Pen sich hier Chancen ausrechnet.

Präsident Nicolas Sarkozy kann es aber noch schaffen, wenn er die Zukunftsthemen aufgreift, die den Franzosen auf den Nägeln brennen (Immigration, Sicherheit, Bildung, Euro). Und wenn er die Zentristen gewinnt, die sich bereits als Partner anbieten. Das Zünglein an der Waage zittert noch. Sollte Hollande verlieren, dann wird sich das Heulen der Linken auf der Straße entladen. Sollte Hollandes Strategie der Spaltung des bürgerlichen Lagers aufgehen, dann werden die Märkte einbrechen. Es wird so oder so wieder ein aufregender Mai.

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