© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/12 04. Mai 2012

Lesereinspruch

Ehrenpflicht

Zu: „Grass und die Folgen“ von Karlheinz Weißmann (JF 17/12)

Der Autor meint, das größte aller Menschheitsverbrechen oder die Erinnerung daran mit dem Modewort „Erzählung“ abtun zu müssen. Millionenfacher Mord, Raub, Vertreibung waren und sind kein Mythos, sondern etwas ganz Konkretes – eine (historische) Schuld, die es abzutragen galt und abzutragen gilt. Wem die Begriffe „Schuld“ oder „Verantwortung“ mißfallen, kann meinetwegen „Hypothek“ sagen.

In jedem Fall gilt das „Verursacherprinzip“. Nicht anders hat es Konrad Adenauer verstanden. Niemals hat er getötete Deutsche gegen getötete Juden aufgerechnet, sondern von „unseren jüdischen Mitbürgern“ gesprochen oder von Deutschen „jüdischer Herkunft“. Moralische und materielle Wiedergutmachung ist schließlich keine „politische Theologie“, sondern „Ehrenpflicht“ (Konrad Adenauer) oder „Staatsräson“ (Angela Merkel), deren innen- und außenpolitische Realisierung zum sensationellen Wiederaufstieg Deutschlands nach 1945 beitrug.

Eine Sache der nationalen Ehre ist es deshalb, den Staat Israel in der Not nicht im Stich zu lassen.

Heinz Kluss, Wachtberg

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