© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/12 04. Mai 2012

Für Allah gibt es Geld vom Amt
Gratis-Koran: Einer der Organisatoren der salafistischen Aktion „Lies!“ lebt in Berlin von Sozialhilfe
Ronald Berthold

Es ist ein schmuckloser Altbau im Berliner Innenstadtbezirk Charlottenburg. Die Bäume vor dem fünfgeschossigen Haus sind groß und alt. Hier wohnt Reda Seyam. Vor seiner Wohnungstür stehen viele Paar Schuhe. Der 52jährige hat sechs Kinder. Das jüngste heißt Dschihad, zu deutsch: „Heiliger Krieg“.

Der Ägypter mit deutscher Staatsangehörigkeit ist einer der Organisatoren der islamischen Aktion „Lies!“: Er und andere Salafisten verteilten während der vergangenen Wochen in deutschen Städten Tausende Exemplare des Koran. Bei der ausführlichen Berichterstattung deutscher Medien über die Gratis-Schriften ging ein wichtiges Detail unter. Denn Reda Seyam ist wahrlich kein Unbekannter. Seit zehn Jahren hält er die Sicherheitsbehörden auf Trab. Über den Mann mit dem langen schwarzen Bart darf man unwidersprochen schreiben, er sei „einer der Hauptfinanziers des Anschlags von Bali gewesen“ (Spiegel Online), beziehungsweise er werde „verdächtigt, einer der Hintermänner des Sprengstoffattentats in Kuta auf Bali am 12. Oktober 2002 gewesen zu sein“ (Wikipedia). Bei diesem Attentat starben 202 Menschen, darunter sechs Deutsche.

Der indonesische Geheimdienst BIN gab bekannt, „bei Reda Seyam Gehaltslisten von Terroristen gefunden“ zu haben: „Unter den Geldempfängern befand sich auch Imam Samudra“, so das südost-asiatische Amt weiter. Der Haßprediger Imam Samudra war im September 2003 wegen des verheerenden Attentates zum Tode verurteilt worden. Zwei Verdächtige belasteten Seyam zudem schwer: Er sei „unser Chef“ gewesen, sagten sie: „Er hat den Anschlag im Auftrag der Qaida über zwei muslimische Stiftungen finanziert.“

Trotz all dieser Anschuldigungen kann sich Seyam über den Schutz deutscher Behörden nicht beschweren. Nachdem ihn die Indonesier festgenommen hatten, holten ihn ein halbes Dutzend deutscher BKA-Beamter direkt vor dem Gefängnis ab – angeblich, um ihn vor den Amerikanern in Sicherheit zu bringen und nach Deutschland zu fliegen. Denn die deutschen Behörden sollen sich gesorgt haben, Seyam könnte von der CIA als Terrorverdächtiger nach Guantánamo „verschleppt“ werden. Der deutsche Paß des radikalen Moslems hatte diese Fürsorgepflicht ausgelöst.

Seyam ging ins bayerische Neu-Ulm und engagierte sich im dortigen Multikulturhaus, bis die Behörden diese Drehscheibe mutmaßlicher islamistischer Terroristen und Fanatiker Ende 2005 schlossen. Auch jetzt blieb Seyam unbehelligt und zog auf Steuerzahlerkosten („Umzugskostenbeihilfe“) nach Berlin, wo er bis heute von Hartz IV lebt. Mit Kindergeld sollen sich die monatlichen finanziellen Leistungen des demokratischen „ungläubigen“ Staates, den Seyam bekämpft, auf 2.500 Euro netto belaufen.

Auch den Prozeß, den Seyam zunächst vom Standesamt und der Berliner Innenverwaltung gegen die Ablehnung des Vornamen seines jüngsten Sohnes anstrengte, finanzierte der Steuerzahler. Alle drei Instanzen, zuletzt das Kammergericht, gaben dem Islamisten recht und stellten fest, daß es legal sei, Kinder in Deutschland „Dschihad“ zu nennen. Die deutsche Justiz sah in diesem Vornamen die harmlose „Verpflichtung des Muslim zu einem geistigen und gesellschaftlichen Einsatz für die Verbreitung des Glaubens“. Mit dem Gratis-Koran-Exemplaren arbeitet nun zunächst der Vater massiv an der Verbreitung von Allahs Heilsversprechen. Doch dies war nicht immer so. 1988 hatte Reda Seyam eine deutsche Frau geheiratet, die später in dem Buch „Mundtot. Ich war die Frau eine Gotteskriegers“ berichtete, ihr Mann sei zunächst wenig religiös gewesen. Sechs Jahre nach der Hochzeit ging Seyam aber mit ihr schließlich nach Bosnien, um dort „den Dschihad zu betreiben“.

Die Frau, die nach der Scheidung vom BKA anderthalb Jahre ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wurde, eine neue Identität erhielt und das Buch unter dem Pseudonym „Doris Glück“ veröffentlichte, mußte fortan komplett verschleiert herumlaufen und ertragen, daß sich Seyam eine zweite Gattin nahm. Mit ihr hat er die Kinder, deren Schuhe vor der Tür in Berlin-Charlottenburg das Bild einer freundlichen Familienidylle erwecken.

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