© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/12 04. Mai 2012

Ein Held wurde zu unbequem
Wurde Juri Gagarin von der Staatsmacht beseitigt?
Wolfgang Kaufmann

Am 12. April 1961 eröffnete der sowjetische Oberleutnant Juri Alexejewitsch Gagarin mit seiner Erdumrundung die Ära der bemannten Raumfahrt und bescherte damit der UdSSR mitten im Kalten Krieg einen einzigartigen Triumph über die USA. Hierfür wurde der charismatische Kosmonaut euphorisch gefeiert, vom Oberleutnant zum Oberst befördert und erhielt hinfort ein Gehalt, welches fast dem eines Ministers entsprach.

Knapp sieben Jahre später war die Ikone der Sowjetraumfahrt tot – abgestürzt bei einem banalen Trainingsflug. Im Abschlußbericht der Regierungskommission heißt es zum Unfallhergang: „Die wahrscheinliche Ursache der Katastrophe ist die Durchführung eines jähen Manövers.“ Man höre und staune: Der Weltraumpionier soll vor Wolken erschrocken sein! Und auch sonst gibt es derartig viele Ungereimtheiten, daß sich der Gedanke an eine Verschwörung förmlich aufdrängt.

Warum suchte niemand nach dem Abfangjäger, der verbotenerweise im selben Luftraum agiert hatte wie Gagarins Maschine? Und wieso manipulierten staatliche Stellen die Flugunterlagen sowie die Aussagen der Hauptzeugen Leonow und Titow? Wie es scheint, wurde Gagarin beseitigt, weil er unbequem geworden war. Nach dem Amtsantritt Breschnews taumelte die UdSSR-Raumfahrt aufgrund von Mißmanagement in eine handfeste Krise: Erst zerschellte das neue Raumschiff „Sojus 1“ bei der Landung am Boden, dann scheiterte zudem auch noch die entscheidende Vorbereitungsmission für den ersten bemannten sowjetischen Mondflug.

Das trieb die Kosmonauten auf die Barrikaden und führte zu meutereiähnlichen Zuständen. Einer der Wortführer war dabei Gagarin, mittlerweile stellvertretender Leiter des Raumfahrer-Ausbildungszentrums. Die Reaktion erfolgte prompt: So fiel unter anderem die fällige Beförderung zum Generalmajor ins Wasser. Die detaillierten Verweise auf diese Sachverhalte machen das Buch der Journalistin Pavlova-Marinsky lesenswert, obgleich es auch kleinmädchenhaft schwärmerische Passagen enthält, welche daraus resultieren, daß die Autorin in ihrer Kindheit bei der befreundeten Familie Gagarin ein und aus zu gehen pflegte.

Ludmila Pavlova-Marinsky: Juri Gagarin. Das Leben. Verlag Neues Leben, Berlin 2011, broschiert, 207 Seiten, Abbildungen, 17,95 Euro

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