© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/12 04. Mai 2012

Umwelt
E10 bringt den Tod
Volker Kempf

Seit über 150 Jahren gibt es in Deutschland Untersuchungen zur Zusammensetzung der Flora. Weniger wurden die Pflanzenarten vor allem magerer und trockenwarmer Böden. Dagegen haben sich Pflanzen, die viel Nährstoffe brauchen oder tolerieren, stark ausgebreitet. Diese stickstoffliebenden Arten verdrängen andere. Die Folge ist insgesamt ein Artenrückgang. Das wirkt sich auf die Wildtierbestände aus. Daher fehlt etwa dem Feldhasen zunehmend seine Apotheke, nämlich eine Vielfalt an Kräutern. Die Tiere werden eher krank, die Bestände nehmen ab. Deshalb steht Meister Lampe beispielsweise in Brandenburg und Sachsen auf der „Roten Liste“ gefährdeter Tierarten in der Kategorie 2 für „stark gefährdet“. Das Potsdamer Umweltministerium werte die Feldhasenbestände damit noch als „stabil auf niedrigem Niveau“. Die Ausweitung des Energiepflanzenanbaus (für den vermeintlichen Biosprit E10, Biodiesel, Biogas usw.) verschärft aber seit Jahren die Situation.

Das Umweltforschungszentrum Leipzig kam in einer Studie über die Feldlerche zu dem wenig verwunderlichen Ergebnis, mehr Brachflächen und Ackerrandstreifen seien wichtig. Schon Hermann Benjes – der am 27. April 75 Jahre alt geworden wäre – hatte in den achtziger Jahren entsprechende Flurbelebungskonzepte vorgelegt, die Benjeshecken wurden zu einem festen Begriff. In der ökologischen Forschung gibt es seit Jahrzehnten kaum Zweifel über die Wirkungszusammenhänge und die damit verbundenen nötigen Maßnahmen. An der Umsetzung hapert es aber mehr denn je. Landwirte brauchen Anreize, wenn sie Sonderleistungen erbringen sollen, nicht nur EU-Vorschriften, die sie verärgern. Zu einem kaum anderen Ergebnis kommen die Forscher aus Leipzig. Wenn sich politisch weiter nichts bewegt, wird einfach weitergeforscht und postuliert, was geschehen müßte, wenn etwas geschehen würde.

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