© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/12 04. Mai 2012

Aufgeschnappt
Auf falsche Art kultursensibel
Matthias Bäkermann

Der Australier Malcolm Gillies ist ein gebildeter und weltgewandter Mann. Nach wissenschaftlichen Stationen in Melbourne, Cambridge, Yale und Budapest wurde er 2009 Vizekanzler der London Metropolitan University, der größten Hochschule der britischen Hauptstadt. Dort hat Gillies im April eine Initiative gestartet, um am Campus ein Alkoholverbot durchzusetzen und Studentenbars zu schließen. „Viele unserer Studenten kommen aus einem Milieu, in dem Trinken negativ eingeordnet wird“, begründet Gillies seine „kultursensible“ Aktion gegenüber dem Magazin Times Higher Education. Ohnehin sei es – anders als vor dreißig oder vierzig Jahren – jetzt an der Zeit, auch sexuelle Themen an der Uni zurückhaltender zu behandeln: „Heute haben wir hier eine jüngere Generation, die außerordentlich konservativ eingestellt ist.“

Die Adressaten, denen diese fürsorgliche Politik dienen sollte, sind jedoch alles andere als begeistert. Syed Rumman, einer von den zwanzig Prozent Moslems auf dem Campus, warnt im Evening Standard vor einem Alkoholverbot und sieht die Gefahr, daß dieses „muslimische Studenten gesellschaftlich weiter isolieren“ werde. Seine Kommilitonin Claire Lock fordert Gillies sogar dazu auf, sich für seinen Vorstoß zu entschuldigen: Damit liefere er Rechten schließlich nur „einen falschen Beweis, daß Großbritannien sich auf dem Weg in einen Scharia-Staat befinde“.

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