© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/12 04. Mai 2012

Mit Götze, aber ohne Merkel
Politiker wollen die Fußball-EM boykottieren
Arthur Hiller

Die deutschen Fußballfans werden bereits vor der Europameisterschaft mit guten Nachrichten verwöhnt. Mario Götze und Bastian Schweinsteiger scheinen ihre Verletzungen überwunden zu haben und laufen wieder zu Form auf. Joachim Löw kann nahezu aus dem vollen schöpfen, er hat die Qual der Wahl.

Auch die Politik macht keinen Strich durch die Vorfreude. Forderungen von Menschenrechtssüchtigen, das DFB-Team sollte das Turnier wegen der Drangsalierung der inhaftierten Oppositionellen Julia Timoschenko boykottieren, finden kein Gehör. Grundsätzliche Ausreiseverbote für Fußballtouristen, die sich die deutschen Vorrundenspiele in der Ukraine oder gar das Endspiel in Kiew vor Ort anschauen wollen, werden offenbar nicht erwogen. Auch einen Sendeboykott muß niemand befürchten. Die Bildschirme werden nicht schwarz bleiben, vielleicht wird aber Amnesty eine kostenlose Dauerwerbung für Gewissensappelle an die Zuschauer eingeräumt.

Die beste Nachricht ist jedoch, daß Angela Merkel zu verstehen gegeben hat, dem Turnier als Zeichen ihres Protests gegen die Behandlung Timoschenkos fernbleiben zu wollen. Gleiches ist für ihre Kabinettsmitglieder zu erwarten. Lediglich Hans-Peter Friedrich könnte eine Ausnahme konzediert werden, schließlich liegt der Sport in seiner Ressortverantwortung. Da er zugleich auch für das Grundgesetz und seine Werte zuständig ist, sollte er es sich aber noch einmal überlegen.

Für die deutsche Nationalmannschaft ist dies ein gutes Omen. Angela Merkel hat ihr kein Glück gebracht. Unter Helmut Kohl wurde unser Land Welt- und Europameister. Wo Merkel auf der Ehrentribüne in ein Turnier eingriff, hagelte es Endspielniederlagen und dritte Plätze. Für die deutschen Zuschauer ist ihr Fernbleiben zudem ein ästhetischer Gewinn. Der Torjubel hält länger an, wenn sie nicht in Zeitlupe auf den Rängen eingeblendet wird. Kein pornographisch anmutendes Bild einer Kanzlerin im Hosenanzug inmitten schwitzender Athleten mit entblößtem Oberkörper kann die Euphorie trüben.

Jetzt gilt es nur noch, die Spieler vor politischer Instrumentalisierung zu schützen. Der Wurstfabrikant Uli Hoeneß hat sie aufgefordert, ein Zeichen zu setzen. Sie sind jedoch Profis und wollen daher eigentlich gewinnen, wann immer sie auflaufen. Aber vielleicht bringen sie ja eine Prämie für politisch motiviertes Ausscheiden ins Gespräch.

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