© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/12 11. Mai 2012

Wir brauchen den Muttertag
Apfelkuchen und geflickte Hosen
Birgit Kelle

Muttergefühle – allein das Wort läßt Feministinnen erschaudern. Klingt es doch für sie nach Fesseln zwischen Herd und Schlafzimmer. Nach selbstgewählter Unfreiheit, finanzieller Abhängigkeit, Glucken, Übermuttis, die nicht loslassen können. Am Sonntag ist Muttertag – dort feiern wir genau diese wunderbaren Wesen, die sich für das Wohl ihrer Kinder und Familien hintanstellen und damit auch noch glücklich sind.

Alljährlich tauchen dementsprechend wieder aus diesem Anlaß nicht nur die Umsatzsprünge in der Floristik-Branche auf, sondern auch die Diskussionen, ob wir den Muttertag noch brauchen. Ist er doch ein Relikt aus alten Zeiten. Ja, wir brauchen ihn. Gerade in der heutigen Zeit, in der das Ansehen von Müttern, die ihre Arbeit gern und exklusiv verrichten, stark gelitten hat. In Zeiten, in denen man ihnen erklärt, sie würden „nichts Richtiges“ machen, wahlweise den ganzen Tag Latte macchiato trinken. In Zeiten, da man ihnen nachsagt, sie würden zu Hause verdummen und ihre Kinder gleich mit. In Zeiten, in denen behauptet wird, jede durchschnittliche Kita sei besser für ihre Kinder geeignet, als sie selbst. In Zeiten, in denen sie als „Heimchen am Herd“ verschrien sind. Und trotzdem sind sie immer da und besser als ihr Ruf.

Es sind schon seltsame Zeiten, wenn in unserer Gesellschaft Sänger wie Bushido und andere Pöbel-Rapper zu denjenigen gehören, die am lautesten und vehementesten ihre Mütter verteidigen und verehren. Die harten Jungs lassen nichts auf ihre Mama kommen. Vielleicht deswegen, weil sie die Eigenschaft von Müttern zu schätzen gelernt haben, die heute gern als selbstverständlich genommen wird: Mütter sind immer da, sie lassen ihre Kinder nicht fallen – auch nicht die bösen Buben.

Jeder von uns hat eine Mutter. Sie hat uns das Leben geschenkt. Sie hat uns neun Monate in sich getragen, uns getröstet und umsorgt. Sie hat an uns geglaubt, auch wenn Lehrer, Schule und das ganze Umfeld uns nichts zutrauten. Sie ist Erinnerung an Pflaster auf aufgeschlagenen Knien und gebrochenen Herzen, sie steht für Apfelkuchen und geflickte Hosen.

Mütter sind unspektakulär, aber sie können etwas geben, was in unserer hektischen Welt einen unschätzbaren Wert hat: Sicherheit und ein Zuhause. Grund genug, um einfach einmal danke zu sagen.

 

Birgit Kelle ist Journalistin und Vorsitzende des Vereins Frau 2000plus sowie Mitglied der New Women for Europe.

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