© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/12 11. Mai 2012

Heuschrecken-Immobilien deutschlandweit vor Notverkauf
Rotes Wohnungsmonopoly
Matthias Görtz

Eine Gemeinnützige Aktiengesellschaft für Angestellten-Heimstätten ist die Gagfah längst nicht mehr. Und der 2004 an den US-Finanzinvestor Fortress verkaufte Immobilienkonzern kann offenbar auch nicht besser wirtschaften als die öffentliche Hand: Laut Medienberichten stehen 38.000 Dresdner Wohnungen zum Verkauf. Der Rechtsstreit um Mieterschutzklauseln wurde mit 40 Millionen Euro noch kostengünstig beigelegt. Doch die jährlichen Mindestinstandhaltungsinvestitionen von 7,56 Euro pro Quadratmeter belasten das vermeintliche Geschäftsmodell der mit waghalsigen Krediten jonglierenden Finanzinvestoren.

Allein nächstes Jahr muß die Gagfah den Banken 3,2 Milliarden Euro zurückzahlen. Zuletzt wurden in Berlin fast 5.000 Wohnungen verkauft, um die Liquidität zu verbessern. Dennoch mußte die Landesbank Baden-Württemberg – auf Druck der EU – 21.000 Wohnungen an ein Konsortium um die Firma Patrizia veräußern. Im März übernahm die TAG von der Bayern LB die Wohnungstochter DKB Immobilien mit 25.000 Einheiten. „Das Geschäftsmodell der Finanzinvestoren und Heuschrecken wackelt“, kommentierte süffisant der Direktor des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten (SPD). „Sie können offensichtlich die Schulden, die sie mit dem Kauf Tausender von Wohnungen auf Pump aufgenommen haben, nicht zurückzahlen bzw. bekommen die Kredite nicht refinanziert oder verlängert.“

Doch das „Wohnungsmonopoly“ feierte gerade unter Siebenkottens Sozialdemokraten in Deutschland fröhliche Urständ. So verkaufte ausgerechnet der SPD-geführte Berliner Senat 64.000 öffentliche Wohnungen an Investoren wie die US-Beteiligungsgesellschaft Cerberus oder an Whitehall, eine Fondsgesellschaft von Goldman Sachs. Also an jene Unternehmen, die der wortgewaltige seinerzeitige SPD-Chef Franz Müntefering als „Heuschrecken“ bezeichnete. Daß die nun genauso handeln, sollte niemanden verwundern.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen