© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/12 11. Mai 2012

Worthülsenfrüchte
Publizistik: Die Friedrich-Naumann-Stiftung stellt ihr Vierteljahresheft „Liberal“ ein
Clemens Taeschner

Seit Philipp Rösler Parteivorsitzender ist, liefert die FDP pausenlos meist eine Peinlichkeit nach der anderen. Für das 1969 von Karl-Hermann Flach und Hans Wolfgang Rubin gegründete, seit 1982 von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit herausgegebene Vierteljahresheft Liberal aber wurde jetzt ein Lieferstopp verhängt. Die März-Ausgabe ist – wie sich nun herausstellt – das letzte Heft unter der Ägide der alten Redaktion.

Es präsentiert denselben Gemischtwarenladen aus Worthülsenfrüchten, sprich: Verlautbarungstexten der Parteiführung einerseits, und nonkonformen libertären Grundsatzpositionen andererseits. Ersteres zeigt sich in dem naßforschen Bekenntnis des Parteivorsitzenden, der – Ironie der Geschichte – bald wohl ebenso zur Historie gehört wie diese Liberal-Reihe. So kritisiert Rösler allen Ernstes, daß die FDP bei der Vermittlung des Themas Steuersenkung „zu erfolgreich“ gewesen sei. Neues Leitmotiv der Liberalen sei jetzt das Wachstum. Der Politikwissenschaftler Jürgen Falter fordert von der FDP eine Sozialdemokratisierung, die Partei solle sich von den Gedanken an die Selbstheilungskräfte des Marktes verabschieden.

Bezeichnend ist auch der wortreiche Beitrag „What are we here for?“ des Staatssekretärs im Entwicklungsministerium Hans-Jürgen Beerfeltz mit „Menschenrechts-TÜV“, „Outcome-Orientierung“, „Multi-Purpose“- und „Aid on Delivery“-Projekten. Einen interessanten Gedanken äußert Johannes Vogel, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, der in seinem Beitrag „Mindestens!“ darlegt, warum das grenzenlose Plädoyer für einen Mindestlohn sich letztlich gegen die Gewerkschaften richte.

Mit der Politik ins Gericht geht der Beitrag „Reziproke Effekte“ des Medienwissenschaftlers Hans Mathias Kepplinger. Er wirft den Regierenden vor, sich durch die Berichterstattung gleichschalten zu lassen, wie der überstürzte Ausstieg aus der Kernenergie demonstriere. Erfrischend unkonventionell wie immer sind die Beiträge Lutz Rathenows, der den Piraten attestiert, „radikal und lammfromm“ zugleich zu sein, kurz: „netzdebil“. Unkorrekt auch seine Reflexion zur Genese des NSU-Trios aus Jena, das „den Rat ihrer Feinde beherzigend, die ‘Nazis raus!’ forderten“, den Weg in den Untergrund gewählt habe. Die totalitären Züge der Grünen-Hochburg Freiburg schildert indes Jochen Thies („Tristesse in der Idylle“), und Michael Böhm liefert die Theorie zum Kinofilm „Gott des Gemetzels“ in seinem Beitrag über die „Gewalt – ewig, verdammt, fruchtbar“.

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