© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/12 11. Mai 2012

Zeitschriftenkritik: Civitas
Verteidigung des Sonntags
Werner Olles

Die Aushöhlung des Sonntags- und Feiertagsgebots ist in den ehemals christlichen Gesellschaften Europas bereits weit vorangeschritten. Geschäftemacher sorgen dafür, daß im Geiste eines ungehemmten Utilitarismus und Merkantilismus die Sonntagsheiligung heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Dies bedeutet natürlich auch, daß gleichzeitig immer weniger Zeit und Muße vorhanden ist, den familiären Zusammenhalt und die Geselligkeit im Freundes- und Bekanntenkreis zu pflegen. Alles hat sich dem Profitdenken und dem „Gott des Mammons“ unterzuordnen, auch das christliche Sonntags- und Feiertagsgebot.

Mit dieser Thematik setzt sich Heinz-Lothar Barth in der aktuellen Ausgabe der dreimal jährlich im Umfang von etwa siebzig Seiten erscheinenden Zeitschrift für das christliche Gemeinwesen Civitas auseinander. Mit Verve widmet sich der Autor der zur abendländischen Kultur gehörenden Verteidigung des Sonntags und erinnert daran, daß „bereits im Alten Testament der Prophet Nehemia um 450 v. Chr. im Auftrag Jahwes die Juden tadelte, die das Gebot der Arbeitsruhe am Sabbat um des schnöden Mammons willen mißachteten“. Heutzutage kehren ganze Gesellschaften Gott den Rücken zu, ein ergänzender Schritt hierzu ist die Öffnung der Geschäfte am Sonntag. Nebenbei werde so der kleine Ladenbesitzer, der nicht sieben von sieben Tagen öffnen kann oder will einer Konkurrenz des „Großkapitals“ ausgesetzt, die ihn schließlich vollends in den Ruin treibt.

Tatsächlich erschöpft sich das Sonntagsgebot keineswegs im Besuch des Gottesdienstes, sondern in der Feier dieses besonderen Tages ist auch ein „Erbe menschlicher Werte“ enthalten. Der erste Tag der Woche – heute wird fälschlicherweise meistens der Montag als erster Wochentag angesehen – ist religionsgeschichtlich begleitet von der Hoffnung und Erwartung der Menschen und gilt als „Einladung, nach vorne zu schauen“. In der kirchlichen Disziplin eine regelrechte Pflicht ist der Tag des Herrn mit seinem „sprirituellen und pastoralen Reichtum, wie er der Kirche von der Überlieferung anvertraut wurde in der Vollständigkeit seiner Bedeutung und Implikationen eine Zusammenfassung des christlichen Lebens und Voraussetzung, es richtig zu leben“ (Papst Johannes Paul II.).

Hartmut Hahn beschreibt in seinem Beitrag „Feiertagsrecht – Der rechtliche Schutz der Feiertage“, wie in der neuen juristischen Literatur mit der suggestiven Formel von der „Arbeit für den Sonntag“ eine Entwicklung reflektiert wird, die mit der Entstehung der sogenannten Freizeitindustrie noch lange nicht an ihrem Ende angekommen ist. „Arbeit für den Sonntag“ diene inzwischen in vielen Fällen als Legitimation für die Sonntagsarbeit. Doch sind einer künftigen Wirtschaftswelt, in der expandierende Unternehmen der Freizeitindustrie einen nennenswerten Anteil inklusive der Bereitstellung von Arbeitsplätzen haben, auch gewisse Grenzen gesetzt, wie man an den seit Jahren erheblichen Rentabilitätsproblemen des Nürburgrings sehen kann. Da das Land Rheinland-Pfalz hier involviert ist, wird eine künftige Generation Steuerzahler mit 330 Millionen Euro zur Kasse gebeten.

Kontakt: Civitas-Institut, Postfach 1541, 63133 Heusenstamm. Das Einzelheft kostet 9 Euro, das Jahresabonnement 25 Euro.

www.civitas-institut.de

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