© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/12 11. Mai 2012

Haltungsnote
Diplom-Patriot
Christian Schwiesselmann

Bolognese ist eine Sauce, die jede Nudel rot einfärbt. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Bologna-Reform an den deutschen Universitäten. Das bekannte jüngst Horst Hippler, der neue Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz.

„Wir haben mit deutscher Gründlichkeit versucht, möglichst viel zu vereinheitlichen. Dabei wurde auf Traditionen und Kulturen kaum Rücksicht genommen“, beklagte der 65jährige Physikochemiker im Interview mit Welt Online. Zwar habe die Reform in den Geisteswissenschaften viel Gutes bewirkt, aber in den Naturwissenschaften sei das Studium schon immer stark durchstrukturiert gewesen. Die unterschiedlichen Fächerkulturen sollten in der Hochschulpolitik wieder ernst genommen werden. Es müsse nicht alles gleich sein, schießt der Karlsruher Hochschullehrer seine Pfeile gegen die egalitäre Bildungsbürokratie.

Hippler, der einst Physik an der Universität Göttingen studierte und im Anschluß an seine Schweizer Promotion bei IBM in Kalifornien forschte, will nicht nur Medizin, Jura und die Lehrämter vor dem Bachelor-und-Master-System bewahren. Der Direktor des Karlsruher Instituts für Technologie wünscht sich – fast schon reaktionär! – in den Ingenieurwissenschaften sogar die Rückkehr zum Diplom. Es sei völlig überflüssig gewesen, den „Diplomingenieur“ durch den „Master of Science“ zu ersetzen. „Wir sollten wieder den Titel Diplomingenieur verleihen, das ist ein deutsches Markenprodukt“, empfiehlt Hippler emphatisch.

Der weltläufige Naturwissenschaftler hält es zudem für eine provinzielle Vorstellung von Internationalität, Lehrveranstaltungen nur noch auf englisch anzubieten. „Wenn man begeistern und Leute mitnehmen will, dann gehört auch Sprachwitz und mehr dazu, was sich in der Muttersprache besser ausdrücken läßt.“

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