© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/12 18. Mai 2012

Iranisches Erdöl für chinesisches Volksgeld
Boykottgewinner
Albrecht Rothacher

Iran ist weiterhin einer der größten Erdölproduzenten der Welt. Etwa 60 Prozent des schwarzen Goldes werden derzeit nach Asien exportiert: 22 Prozent gehen nach China, 14 Prozent nach Japan, 13 Prozent nach Indien, zehn Prozent nach Korea – und vergleichsweise nur geringe 15 Prozent noch nach Südeuropa. Speziell die asiatische Energiewirtschaft wird von der amerikanisch geführten Boykottkampagne wegen des iranischen Atomprogramms damit hart getroffen. Auch der politisch bedingte Entzug des Versicherungsschutzes für die Tankertransporte durch die Europäer, die 90 Prozent jenes Marktes kontrollieren, verschärft das ostasiatische Energieproblem.

Japan, dessen Kraftwerke bis vor Jahresfrist noch gut 30 Prozent ihrer Elektrizität aus Atomstrom gewannen, ist seit zwei Wochen kernenergiefrei: Alle AKWs liegen still, weil die örtlichen Präfekturen ihrer Wiederinbetriebnahme nach den periodischen Wartungsarbeiten nicht mehr zustimmen – der Fukushima-Schock sitzt tief. Nun muß Japan für teures Geld massiv Erdöl und Kohle für seine Wärmekraftwerke importieren, damit es im heißen Sommer nicht zu häufigen Stromausfällen kommt. Gleichzeitig hat Tokio dem amerikanischen Bündnispartner versprochen, seine Ölimporte aus dem Iran – derzeit zehn Millionen Faß pro Monat – massiv zurückzufahren.

China hat dies nicht getan. Im Gegenteil. Peking nutzt die Gunst der Stunde, um die Iraner zu zwingen, ihre international nichtkonvertible „Volkswährung“ Renminbi zur Bezahlung der diskontierten Ölrechnungen zu akzeptieren. Damit werden dann Realtauschgeschäfte in Höhe von gut 30 Milliarden Dollar verrechnet: Chinesische Bohrarbeiten in iranischen Ölfeldern werden damit ebenso bezahlt wie Warenimporte aus China. Das ist ein gutes Geschäft – sowie ein weiterer Schritt für die Internationalisierung ihrer auch Yuan genannten Währung und möglicherweise ein Sargnagel für die Sanktionenpolitik von USA und EU.

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