© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/12 25. Mai 2012

Die Räterepublik als Ziel
„Blockupy“-Bewegung: Linke Gruppen belagern das Frankfurter Bankenviertel
Hinrich Rohbohm

Menschenleere Straßen. Verschlossene Geschäfte, die mit Rolläden gesichert sind. Bürotürme, in denen niemand arbeitet. Kindergärten, in denen keine Kinder anzutreffen sind. Frankfurts Bankenviertel glich am vergangenen Wochenende einer Geisterstadt. 5.000 Polizisten wurden zum Schutz und zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung in der Mainmetropole eingesetzt. Sie errichteten rund um das Bankenviertel eine Sicherheitszone. Niemand außer den Anwohnern darf in diesen Tagen hinein.

Der Grund: Linksextremisten hatten die sogenannten Blockupy-Tage angekündigt. Antifa-Gruppen kündigten auf Flugblättern an, Frankfurt zu „fluten“. Öffentliche Plätze sollten besetzt, Grünanlagen der Stadt in Beschlag genommen, das Bankenviertel blockiert werden. Haßvideos im Internet mit Gewaltaufrufen hatten Politiker und Polizei in Alarmbereitschaft versetzt.

Unter dem Deckmantel der Occupy-Bewegung sind es vor allem linksradikale Kräfte, die versuchen, ihre totalitäre Ideologie über die Medien zu verbreiten. „In Rußland werden Demonstrationen zugelassen, hier nicht“, ruft Henning Zierock, einer der Blockupy-Sprecher und Vorsitzender der reformkommunistischen „Gesellschaft Kultur des Friedens“ bei einer nicht angemeldeten Demonstration am Hauptbahnhof. Schnell wird klar: Den Organisatoren geht es weniger um Freiheit und Demokratie als vielmehr um Verstaatlichung und Enteignung – die Durchsetzung alter sozialistischer Forderungen, bei der Marktwirtschaft und Kapitalismus zu den Sündenböcken der Finanzmisere auserkoren werden sollen.

Ein Funktionär der Linkspartei verteilt Flugblätter. „Millionäre zur Kasse! Löhne rauf! Sozialstaat verteidigen!“ steht darauf. Der Reichtum soll umverteilt, Spitzeneinkommen mit 57 Prozent versteuert werden. Dazu soll es ein Konjunkturprogramm für Krisenstaaten geben. Wie die Umverteilungspläne der Linken konkret umgesetzt werden sollen, kann der Funktionär nicht beantworten. „Das muß man sehen, wenn es soweit ist“, weicht er aus. „Das demokratische System, so wie wir es in Deutschland haben, muß weg, wir brauchen die Räterepublik“, erklärt er weiter.

Allein ein Blick in das Umfeld der Organisatoren macht die politische Ausrichtung der von Occupy zu Blockupy umgetauften Demonstration deutlich. Vor allem Funktionäre aus DKP, Linkspartei, der Interventionistischen Linken, Linksjugend Solid sowie der autonomen Antifa treten neben Attac, der Grünen Jugend und Gewerkschaften als Sprecher des Bündnisses in Erscheinung.

Einer dieser Sprecher ist Werner Rätz, ehemaliges Mitglied des Kommunstischen Bundes (KB). Der heutige Bundeskoordinator von Attac Deutschland hatte die Großdemonstration am Samstag angemeldet, zu der 20.000 überwiegend linksradikale Teilnehmer gekommen waren. Rätz ist auch in der Interventionistischen Linken aktiv, einem Netzwerk, in dem laut Verfassungsschutz „federführend Gruppen der Berliner linksextremistischen autonomen Szene beteiligt“ sind. In den Medien ist davon kaum die Rede. Die zumeist linksradikalen Gruppen angehörenden Demonstranten werden als „Aktivisten“ bezeichnet. Als die Polizei am Hauptbahnhof Rucksäcke von Demonstranten auf Waffen durchsucht, beginnt einer laut über den Platz zu schreien. „Hey Leute, hier werden unsere Bürgerrechte beschnitten, unsere Freiheit, unsere Demokratie!“

Ein alter Mann steht am Ort des Geschehens. „Ich bin israelischer Jude, ich habe den Holocaust überlebt. Ich liebe den Kapitalismus, aber ich möchte, daß Leute, die anderer Meinung sind, demonstrieren dürfen“, ruft er in die Runde. Journalisten kommen herbeigerannt, während sich die Polizei nun diskret vom Geschehen zurückzieht. Es handelt sich um Reuven Moskovitz, einen Friedensaktivisten und Kibbuz-Gründer. Er sei rein zufällig vorbeigekommen, eigentlich wolle er nach Weinheim reisen, erzählt er. Noch am gleichen Tag sieht man ihn als einen der letzten, der Arm in Arm mit Werner Rätz den von Linksradikalen besetzt gehaltenen Römerberg verläßt, nachdem die Polizei die Auflösung einer weiteren Demonstration veranlaßte.

Rund 2.000 Leute haben dort zuvor Paulsplatz und Römerberg in Beschlag genommen, Transparente an das Rathaus gehängt, Zelte aufgebaut. Immer wieder fordert die Polizei dazu auf, die Demonstration aufzulösen. Vergeblich. In den Abendstunden macht sie schließlich ernst, kesselt die Demonstranten ein. Die Organisatoren rufen ihre „Bezugsgruppenführer“ zur Lagebesprechung ins Zelt. Es wird diskutiert: Den Platz halten oder ausschwärmen und so die Polizei an vielen Orten beschäftigen? Man einigt sich aufs Halten. Tags darauf geht man zu letzterer Taktik über. Denn das Platzhalten ist nun nur noch von kurzer Dauer. Die Polizisten setzen ihre Helme auf, gehen in die Menge, tragen die sich mit Sitzblockade wehrenden Linksradikalen einzeln vom Platz.

Großes Theaterspiel beginnt. Es geht um aussagekräftige Bilder für die Nachrichtensendungen. Nur bei genauem Hinschauen wird ersichtlich: Kurz bevor die Polizisten zugreifen fangen Linksradikale lauthals an zu schreien, ziehen schmerzverzerrte Grimassen für die Kameras. Tatsächlich gibt es keine ernsthaften Verletzungen, auf beiden Seiten bleibt es weitgehend friedlich. In der Sitzblockade hat man sich zusammengebunden, um den Beamten das Wegtragen zu erschweren. „Ich kann sie losschneiden, ich habe ein Taschenmesser dabei“, sagt ein Polizist zu seinem Kollegen. Der winkt ab. „Laß mal lieber.“ Er weiß, was Medien aus solchen Bildern machen können.

Foto: Polizei räumt den Frankfurter Römerberg: „Ich liebe den Kapitalismus“

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