© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/12 25. Mai 2012

Lockerungsübungen
Die beste Alternative
Karl Heinzen

Wenn den Griechen nicht die rettende Hand gereicht wird, könnte, so die Befürchtung des grünen Europaparlamentariers Daniel Cohn-Bendit, ein Militärputsch die Folge sein. Angesichts der zahllosen panischen Warnungen vor dem Ende des Euro und damit Europas ist es zugegebenermaßen schwierig, noch Aufmerksamkeit zu erzielen. Dem APO-Veteranen ist dies durch eine kleine Reminiszenz an einen kurzen Sonderweg Griechenlands instinktsicher gelungen.

In der Tat stellt sich die Frage, ob in einer existentiellen Staatskrise, zu deren Meisterung sich keine demokratisch legitimierte Regierung bilden läßt, nicht besser das Militär die Macht ergreifen sollte, anstatt diese Bürokraten und Finanzhalbweltlern zu überlassen. Anders als vor 45 Jahren dürften die Streitkräfte heute allerdings nicht so leicht zu einem Coup zu bewegen sein. Es gibt keine Monarchie mehr, die es gegen republikanische Verschwörer zu verteidigen gelte. Einer Machtübernahme durch Linksradikale könnte die Armee gelassen zuschauen, da der Kalte Krieg Geschichte ist und kein Ausscheren aus der Nato zu befürchten wäre.

Vor allem aber werden Staatsstreichgelüste dadurch im Zaum gehalten, daß die Lage Griechenlands selbst durch eine Junta nicht mehr zu verbessern ist. Wer heute so eitel ist, nach Regierungsverantwortung zu drängen, nimmt in Kauf, daß sein Name in den Geschichtsbüchern mit einer der größten Blamagen der Nation verknüpft wird.

Es sollte daher niemanden überraschen, wenn es auch nach den Neuwahlen am 17. Juni in Athen zu keiner Regierung mit einer parlamentarischen Mehrheit hinter sich kommt. Unter allen schlechten Alternativen, zwischen denen Griechenland die Wahl hat, ist dieser Schwebezustand nämlich die beste. Eine Interimsregierung ohne Mandat des Volkes mag zwar Entscheidungen treffen, diese sind aber für eine spätere, dann wieder demokratisch legitimierte Staatsführung nicht bindend. Je länger die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds auf einen Ansprechpartner warten muß, von dem sie die Erfüllung ihres Spardiktats einfordern kann, desto mehr Zeit haben die Griechen, an ihrer Zukunft zu arbeiten – indem sie ihr Vermögen an einen sicheren Ort bringen oder auf Jobsuche im Ausland gehen.

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