© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/12 01. Juni 2012

Fahnen, Feiern, Feuer
Reportage: Ein Großbrand in der Altstadt und Gewalt von links überschatten das Pfingsttreffen des Coburger Convents
Tobias Westphal

Schon von weitem ist die Marschmusik der Stadtkapelle Coburg zu hören. Die Sonne brennt heiß auf der Haut, alle Stühle der Cafés sind besetzt. Es riecht nach Coburger Bratwürsten, die in zwei Buden über Kiefernzapfen auf dem Coburger Marktplatz gebraten werden. Am anderen Ende des Platzes ist ein Bierstand aufgebaut, an dem schon zahlreiche Korporierte auf die Eröffnung des Dachverbandstreffens warten. Akademiker aus Marburg, München, Berlin, Münster und zahlreichen anderen Hochschulstädten begrüßen sich mit großem Hallo. In ihren schwarzen Anzügen und mit bunter Kopfbedeckung bieten sie an diesem sonnigen Pfingstwochenende ein ungewöhnliches Bild. Aber die Coburger sind diesen Anblick gewöhnt.

Die Besucher der Kaffeehäuser drehen sich interessiert um, als die Präsidierende Landsmannschaft Troglodytia Kiel mit der Vor- und Nach-Präsidierenden durch die Fußgängerzone auf den Marktplatz vor das Rathaus marschiert, angeführt von der Coburger Stadtkapelle. Oberbürgermeister Norbert Kastner und sein Stellvertreter Norbert Tessmer (beide SPD) blicken vom Rathausbalkon auf den 144. Pfingstkongreß des Coburger Convents (CC). Vorsorglich wünschen sie den Mitgliedern der Turner- und Landsmannschaften einen „friedlichen Verlauf des Pfingstkongresses“.

Ronald Scholz, der Sprecher der Präsidierenden Landsmannschaft Troglodytia Kiel, betont, daß der Kongreß „ein fröhliches Familienfest“ sei. Dies wird an den kommenden Tagen deutlich: Neben den Conventen, den Tagungen der aktiven Studenten und der Alten Herren, gibt es zahlreiche Sportturniere, einen Festball, und nicht wenige Studenten unternehmen mit ihren Familien und Verbindungen Ausflüge ins sonnige Frankenland. Natürlich wird kräftig gefeiert: Die Straßen und Gaststätten sind bis tief in die Nacht voll von bunten Mützen, in den Kneipen wird gesungen und die Schlangen der Hungrigen an den Bratwurstbuden werden nicht kürzer.

Auf Distanz zur Deutschen Burschenschaft

Doch auch bei den Tagungen geht es hoch her. Es wird lang und breit diskutiert, nicht zuletzt über die Burschenschaften. Letztendlich empfiehlt der Generalconvent, aus dem Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) auszutreten. Die Mitgliedschaft des Coburger Convents ruht ohnehin seit Oktober letzten Jahres, weil die ethnischen Aufnahmekriterien der Deutschen Burschenschaft („Personen mit mehrheitlich außereuropäischen Vorfahren sind unter Hinweis auf die Abstammungsgemeinschaft eines Volkes dementsprechend keine Angehörigen des deutschen Volkes.“) den Alten Herren bitter aufstießen. Da ein Ausschlußverfahren gegen die Deutsche Burschenschaft keine Mehrheit bekam, ging der Coburger Convent auf Distanz zum Dachverband. Eine sichtbare Folge: Zum Festkommers des Coburger Convents am Pfingstmontag war kein Vertreter der Deutschen Burschenschaft eingeladen. Für die immer gleichen linken Kritiker vermeintlich rechter Verbindungsstudenten ist das viel zu komplex. Der Coburger Convent stehe „treu zu einem völkischen Nationalismus“, verlautbart eines ihrer Flugblätter. Einer von ihnen – ein zirka 25jähriger – gibt sich als Kommunist und Akademiker aus, der „etwas gegen Nazis“ habe. Er will erreichen, daß „alle Verbindungsstudenten und Nazis aus Coburg verschwinden“. „Nazis“ erkenne man daran, daß sie „zu dem Begriff ‘Vaterland’ einen positiven Bezug“ hätten. Wer sein Vaterland ehre, sei automatisch ein „Nazi“, so seine simple Logik.

Den Einwand, daß auch CSU-Mitglieder ein positives Deutschlandbild hätten, pariert der selbsternannte „Nazijäger“ lachend: „Für mich sind alle CSU-Mitglieder Nazis.“ Er und seine Gesinnungsgenossen reisen extra nach Oberfranken, um dort „sexistische Männerbünde zu zerschlagen“ und um „deutsch-nationale Feste zu einem Trauerspiel“ zu machen, wie Internetseiten und einige ihrer Pamphlete ankündigen. Das Parteibüro der Coburger Linken und das Coburger Aktionsbündnis gegen rechtsradikale Aktivitäten (Cara) organisieren die Protestaktionen, um „wie jedes Jahr ihren Unmut über das reaktionäre und sexistische Weltbild des korporierten Zusammenschlusses auszudrücken“. In dem Bürofenster der Linkspartei hängt ein Plakat mit der Aufschrift „CC angreifen“. Wie das Coburger Tageblatt später berichtete, nimmt ein Mitglied der „Antifa“ das anscheinend allzu wörtlich und greift einen gehbehinderten 81jährigen Mann aus dem Hinterhalt an. Der Unbekannte bringt den an Krücken laufenden Alten Herrn durch Schläge auf den Kopf von hinten zu Boden und raubte ihm die Mütze. Das Opfer benötigt aufgrund seiner Verletzungen ärztliche Hilfe. Überschattet wird das diesjährige Pfingstfest durch einen Großbrand in der Herrengasse neben der Traditionsgaststätte „Loreley“, die dabei auch in Mitleidenschaft gezogen wird und erst später wieder geöffnet werden konnte. In der Nacht zum Pfingstsonntag hat sich gegen 1.15 Uhr ein Brand entzündet, der in den folgenden Stunden auf insgesamt acht Häuser übergreift und  sie zum Teil vollständig zerstört. Die wegen des Pfingstkongresses anwesende Bereitschaftspolizei kann 80 Personen evakuieren, 16 Menschen werden bei dem Brand verletzt. Glücklicherweise gibt es keine Toten. Über 300 Rettungskräfte kämpfen stundenlang gegen die Flammen an.

Der beißende Brandgeruch liegt noch stundenlang in der Luft. Die traurige Bilanz: 25 Wohnungen sind zerstört, 40 Menschen obdachlos – ein Millionenschaden. „Der Coburger Convent ist tief erschüttert über den Brand und seine Folgen für die Bewohner und das Stadtbild“, erklärt Heinz Weiß, Vorsitzer des Verbandes Alter Herren im Coburger Convent, für seinen Dachverband. Wegen des Brandes beschließen sie spontan, in diesem Jahr im Anschluß an den Kommers auf den Fackelumzug und die Feierstunde zu verzichten. Alle Verbindungsstudenten stimmen einhellig zu. Gerade für die traditionsbewußten Gäste Coburgs gibt es nichts zu feiern, wenn der historischen Altstadt eine Tragödie widerfährt.

 www.coburger-convent.de

 

Wichtige Dachverbände

Der Coburger Convent versammelt seit 1951 akademische Turner- und Landsmannschaften.

Der Kösener Senioren-Convents-Verband wurde 1848 gegründet. Rund 2.000 Studenten und 13.000 Akademiker sind Kösener Corpsstudenten.

Im Weinheimer Senioren-Convent sind rund 1.200 Studenten und 8.000 Absolventen Technischer Hochschulen organisiert.

Die Deutsche Burschenschaft geht auf die Jenaer Urburschenschaft von 1815 zurück. Sie zählt 1.300 Studenten und etwa 10.000 Alte Herren.

Dem Cartellverband gehören 126 katholische Studentenverbindungen mit zirka 6.000 Mitgliedern an.

Der 1881 am Kyffhäuser gegründete Verband der Vereine Deutscher Studenten hat mehr als 4.000 Mitglieder in über 40 Studentenverbindungen.

Der Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine besteht seit 1865, ihm gehören in Deutschland rund 16.000 Mitglieder an.

Der Wingolf entstand 1844 als christlicher Studentenverein und zählt aktuell 4.500 Mitglieder.

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