© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/12 01. Juni 2012

Haltungsnote
Medialer Satzball
Christian Schwiesselmann

Alte Forderungen, vorgetragen von jungen Frauen – die Bild-Zeitung exerziert der deutschen Journalistenzunft wieder einmal vor, wie man Nachrichten macht: „Diese Griechin verlangt von uns 70 Milliarden“, titelt die Schlagzeilenmaschine aus dem Springer-Presseimperium im Internet. Und vergißt nicht eine Bildstrecke der TV-Moderatorin Vicky Voulvoukeli beizufügen, die seit kurzem für die „Unabhängigen Griechen“ – eine Abspaltung der Nea Dimokratia – im Parlament sitzt. Die 29jährige „Helena“ kontert die „Spardiktate“ von Mutti „Germania“ mit einer „offenen Rechnung“: Reparationen für die Besetzung Griechenlands durch die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

„Wir sind in der Partei der Meinung, daß die in Vergessenheit geratenen Reparationsansprüche gerade jetzt wieder auf den Verhandlungstisch gehören“, lieferte die in Saloniki geborene und in Düsseldorf sowie München aufgewachsene Schönheit den Bild-Reportern die gewünschte Provokation. Selbst Welt-Hobbyhistoriker Sven Felix Kellerhoff, sonst um kein deutsches Schuldeingeständnis verlegen, widersprach: „Auch eine nur teilweise Anerkennung einer solchen Schuld würde einen Präzedenzfall schaffen, der unabsehbare weitere Forderungen nach sich ziehen könnte.“

Ob Vicky Voulvoukeli gut beraten war, sich als medialer Satzball im Spiel um eine den europäischen Völkern von ihren Eliten aufgezwungene Währung zu profilieren, ist fraglich. Im Gegensatz zum Vorsitzenden ihrer Partei, Panos Kammenos, der gerne vom „vierten Reich“ spricht, schätzt sie Deutschland, das sie vor vier Jahren wieder verließ. Der griechischen Patriotin mißhagt, daß „Griechenland zu einer fremdbestimmten Nation verkümmert“. Zum Dank steckte sie Bild in die Schublade „Rechtspopulistin“.

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