© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/12 15. Juni 2012
Zwischen Reichstag und Kanzleramt Es ist ein dankbarer Auftritt für Ole von Beust. Rund achtzig Zuhörer, darunter drei Frauen, haben den Weg ins Konrad-Adenauer-Haus gefunden, um den Ausführungen des ehemaligen Ersten Bürgermeisters von Hamburg zu lauschen. Während in den katholischen Regionen Deutschlands an diesem Tag das Fronleichnamsfest begangen wird, haben die „Lesben und Schwulen in der Union“ (LSU) in die Berliner CDU-Zentrale geladen, um mit von Beust und der früheren saarländischen Sozialministerin Regina Görner über die Frage zu diskutieren, wie „queer und konservativ, schwarz und bunt“ zusammenpassen. Angekündigt hatte die LSU auch Peter Altmaier, dem aber zwischenzeitlich seine Ernennung zum Bundesumweltminister dazwischen gekommen war. Er sei jedoch über den Kurznachrichtendienst Twitter aus Brüssel zugeschaltet, entschuldigt sich der Moderator der Veranstaltung. Den Hinweis, Altmaier habe für die Homosexuellen in der Union immer „ein offenes Ohr“ und sei „gerne und regelmäßig“ Gast der LSU, quittieren einige im Publikum mit Gemurmel und vielsagenden Blicken. Im Laufe der Veranstaltung grüßt „der Peter“ dann auch artig per Twitter, dankt der LSU „für die prima Idee“ und wünscht „spannende Debatten“. Der eigentliche Star ist aber von Beust. Kaum eine Anekdote, die nicht von einem entzückten Kichern und Beifall begleitet wird. Ein älterer Herr in beigefarbenem Anzug und orangenem Hemd kann seine Bewunderung für den blonden Hanseaten nur schwer verbergen. „Der ist wirklich toll“, jauchzt er seinem Nebenmann zu und nestelt dabei nervös an seinem farbenfrohen Seidenschal. Als von Beust erzählt, er habe schon mit 16 gewußt, daß er schwul sei und von da an auch „kein Kind von Traurigkeit“, sondern immer „munter unterwegs“ gewesen, dankt ihm das Publikum dies mit freudigem Glucksen. Weniger überraschend ist dagegen sein Plädoyer für eine vollständige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe. Dies stelle keine Gefährdung für die Familie dar, und er kenne auch keinen in den führenden Reihen der Union, der unter vier Augen ein Problem damit habe. Daß sich seine Partei nicht offen zur Homoehe bekenne, habe vielmehr taktische Gründe. Viele CDU-Politiker hätten schlicht Angst, mit einem solchen Schritt die konservative Klientel zu vergraulen. Schuld daran seien Medien wie Welt und FAZ, die permanent vor dem Verlust des konservativen Flügels warnten. Und das, obwohl die Gesellschaft gerade in dieser Frage schon wesentlich weiter sei, als manche Journalisten wahrhaben wollten. Dem stimmt auch Bundesvorstandsmitglied Regina Görner demonstrativ nickend zu. Sichtlich bemüht, als „nichtlesbische“ Frau vom Publikum wenn schon nicht bewundert, doch wenigstens anerkannt zu werden, läßt sich die promovierte Historikerin sogar zu einer theologischen Begründung für die Gleichwertigkeit der Homoehe hinreißen: „Vielfalt“, versichert sie, sei „ganz im Sinne des christlichen Menschenbilds“, insbesondere dann, wenn Paare Verantwortung für Kinder übernehmen wollten. |