© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/12 15. Juni 2012

Grüße aus Wien
Griechische Tragödie
Michael Howanietz

Während in der Stadt, aufgrund eklatanten Personalmangels, zahlreiche sicherheitspolitische Lücken klaffen, funktioniert die Wiener Parkraumbewirtschaftung bestens. Denn an Strafzettelverteilern mangelt es nicht. Da die von diesen erwirtschafteten Millionen aber nicht ausreichen, einerseits Budgetlöcher zu stopfen und dazu ideologische Abenteuer wie politisch korrektive Straßen-umbenennungen oder dubiose Vereinsförderungen zu finanzieren, kam Wiens griechischstämmige Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou mit der Idee des erweiterten Parkpickerls nieder.

In den Innenstadtbezirken gibt es diese Parkberechtigungskarte ohne Parkplatzgarantie seit Jahren. Nun soll sie auf ganz Wien ausgedehnt werden. Obwohl die Erfahrung zeigt, daß der erklärte Lieblingsfeind der Stadtgrünen, der Individualverkehr, in den „Pickerlbezirken“ keinesfalls abgenommen hat. Obwohl die langwierige Parkplatzsuche der resultierenden „Parkflüchter“ eine Menge Feinstaub produziert.

Die aus FPÖ und ÖVP bestehende Rathaus-Opposition spricht deshalb von „Inkassoaktion“, „Gebührenwucher“ und „Haßpolitik“ gegenüber Autofahrern. Und fordert eine Volksbefragung. Die allerdings wird von der auch für „Bürgerbeteiligung“ zuständigen Vizebürgermeisterin abgelehnt. Was kaum Wunder nimmt, steht das Ergebnis des Votums doch im voraus fest.

So bemüht die rot-grüne Koalition die Stadtverfassung, die Abstimmungen über Gebühren grundsätzlich nicht vorsieht. Was die SPÖ 2010 nicht daran hinderte, eine Volksbefragung zur City-Maut, also einem Tarifthema, zu initiieren. Die selektive Auslegung wird der Stadtregierung wenig nützen, da von der Opposition bereits über 60.000 Unterschriften für eine wienweite Befragung gesammelt wurden und der öffentliche Druck täglich zunimmt.

Man fühlt sich nicht nur von der neuen „Abzocke“ gefrotzelt, sondern auch vom Wirrwarr an willkürlich gezogenen Parkraumgrenzen, Misch- oder Berechtigungszonen und Geltungsbereichen und erst recht von der Widmung der gewonnenen Gelder. Diese seien zweckgebunden und kämen ausschließlich der Verkehrsinfrastruktur zugute, betont Vassilakou. Ob neue U-Bahn-Garnituren aber eine Verbesserung der prekären Parkplatzsituation mit sich bringen, bezweifeln FPÖ, ÖVP und die Mehrheit der Wiener. Sie sprechen von einer „griechischen Tragödie“, die da im Rathaus throne.

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