© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/12 15. Juni 2012

Lockerungsübungen
Zuverlässige Informationen
Karl Heinzen

Das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik wird nun doch nicht im Auftrag der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) der Frage nachgehen, ob sich aus den im Internet offen zugänglichen Informationen über Privatpersonen Erkenntnisse über deren Bonität gewinnen lassen. Es kapitulierte damit vor einer Woge der Entrüstung in Politik und Medien, die sich sogleich einstellte, als das Forschungsprojekt ruchbar wurde. Allen voran empörte sich Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner über die „völlige Schnapsidee“. Aber auch Grüne und FDP nutzten diesen Anlaß, um wieder einmal zu verstehen zu geben, wie sehr sie sich um die „informationelle Selbstbestimmung der Internetbenutzer“ sorgen.

Wer hingegen die Zukunft unseres Wohlstandes im Auge hat, muß zu einer ganz anderen Bewertung kommen. Die Effizienz von Märkten hängt davon ab, daß ihre Teilnehmer über umfassende, zuverlässige und gut aufbereitete Informationen verfügen. Wer eine Ware anbieten möchte, muß zum Beispiel gründlich recherchieren, welchen Bedarf potentielle Konsumenten überhaupt haben. Unternehmen, die eine offene Stelle besetzen wollen, sind bestrebt zu überprüfen, ob der Eindruck, den ein Bewerber im Vorstellungsgespräch vermittelt, tatsächlich zutreffend ist. Und Kreditgeber haben eben das verständliche Bedürfnis, das Risiko zu minimieren, daß der Darlehensempfänger Zinszahlungen und Tilgungsraten schuldig bleibt. Die Informationen, die sehr viele Bürger über sich freiwillig ins Internet eingestellt haben, bieten hier eine gute Datenbasis. Auf diese Informationen kann heute bereits durch individuelle Suchbefehle zurückgegriffen werden. Effizienter wäre es jedoch, dafür automatisierte Verfahren nutzen zu können.

Das Bestreben der Schufa, sich im Interesse einer seriösen Kreditvergabe in der Informationsbeschaffung zeitgemäß aufzustellen, ist daher berechtigt. Sie kam mit diesem Projekt aber zu spät, um Bürgern das Handwerk zu legen, die sich schon heute, auf einen Zusammenbruch des Euro spekulierend, mutwillig überschulden. Überdies war das Forschungsvorhaben viel zu defensiv ausgelegt. Was Bürger via Internet öffentlich machen, könnte schließlich manipuliert sein. Interessanter wäre es, hinter ihre Geheimnisse zu kommen und beispielsweise ihre Kontodaten einzusehen.

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