© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/12 15. Juni 2012

Blick in die Medien
Wer keine Probleme hat, macht sich welche
Toni Roidl

Der Protest gegen Menschenrechtsverletzungen aller Art ist eine Kernkompetenz der taz. Ob Ungarn, Uganda oder Uruguay – die Genossen wachen global über das Wohl von Minderheiten.

Doch jetzt gibt es Knatsch um eine Kolumne. Auslöser war ein Reisebericht von taz-Reporter Jan Feddersen aus Baku. Der Redakteur für Pop, Promis und Homosexualität hat bereits mehrere Bücher über den Eurovision Song Contest veröffentlicht, darum hielt man ihn wohl für den richtigen Mann, per taz-Ticket nach Aserbaidschan zu fliegen.

Als Experte inspizierte Feddersen vor Ort sogleich die Situation Homosexueller – und gab Entwarnung! Berichte über Diskriminierung seien „westliche Gerüchte“ und „Greuelpropaganda von Menschenrechtisten“. Alles in Butter, Baku ein einziger Christopher-Street-Day.

Diese rosarote Schilderung löste bei schwulen Internet-Aktivisten einen Empörungsreflex aus. Denn im Gegensatz zu Feddersen wußten diese sehr wohl von Verfolgungen Homosexueller zu berichten. Der schwule taz-Kolumnist Elmar Kraushaar (62) verfaßte eine Replik, die mit Feddersen hart ins Gericht ging. Doch sie erschien nie. taz-Chefin Ines Pohl erklärte dazu dem Homo-Blog queer.de: „Es gibt seit langem eine Übereinkunft in der taz: Man greift Kollegen nicht in der eigenen Zeitung an.“

Nicht das erste Mal, daß Kraushaar den kürzeren zieht: Ihm sei bereits einmal eine Kolumne gestrichen worden, weil er einen angeblich schwulenfeindlichen Text in der taz kritisiert hatte. Die lesbische Chefredakteurin habe den Text damals rausgeschmissen, weil er ihrem schwulen Kollegen Feddersen nicht gefallen habe, mutmaßt Kraushaar gegenüber queer.de. Nun sehen sich die taz-Genossen einem schwulen „Shitstorm“ ausgesetzt: Das Internet schreit Zensur und Diktatur!

Der Situation der Menschenrechte in Aserbaidschan ist durch diesen Zickenkrieg bestimmt nicht geholfen.

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