© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/12 15. Juni 2012

„Sie müssen das mit der Waffe erzwingen“
Frauenquote: Bei einer Tagung der feministischen Aktion „Pro Quote“ versucht jeder den anderen zu toppen
Christian Dorn

Das freimütigste Bekenntnis stammt von Helene Endres. Es lautet: „Wir brauchen mehr Geld.“ Die Redakteurin vom Manager Magazin zählt zu den anmaßenden Aktivistinnen der Initiative „Pro Quote“, der zufolge – offenbar in planwirtschaftlichen Fünfjahresplänen denkend – bis zum Jahr 2017 mindestens dreißig Prozent der Führungspositionen in den deutschen Medien von Frauen besetzt werden sollen.

Begründet wird diese Forderung, deren politisch bedeutendste Fürsprecherin Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen ist, mit der aktuellen Situation. So beklagt die Initiative „Pro Quote“, daß nur zwei Prozent der etwa 360 deutschen Tages- und Wochenzeitungen eine Frau zur Chefin hätten, von den zwölf Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seien nur drei weiblich. Seit Veröffentlichung ihrer Forderung im Februar dieses Jahres durch einen offenen Brief an Chefredakteure, Intendanten und Herausgeber hat die Initiative durch zahlreiche Podiumsdiskussionen und Berichterstattungen ihrem Anliegen Nachdruck verliehen.

Den Abschluß dieser ersten Phase auf dem Weg zur medialen „Geschlechtergerechtigkeit“, der nun durch eine Vereinsgründung untermauert wird, bildete vergangene Woche der von Thomas Leif moderierte Mainzer Medien-Disput in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz.

Daß die Idee der Quote selbst gar nicht mehr in Frage gestellt wird, zeigte sich bereits an dem launigen Eingangssatz Leifs, es gehe ja „nicht um Information, sondern um Haltung“. Symptomatisch dafür war der Befehl der Quoten-Aktivistin Endres an das Publikum, den Arm für die Quote zu heben.

Nach der Gegenprobe mit etwa dreißig Prozent gab sie sich siegessicher: „Das sieht gut aus, den Rest überzeugen wir auch noch!“ Doch daraus wurde nichts – vor allem deshalb, weil die Quotenforderung selbst nicht hinterfragt wurde. Dabei sprechen sowohl Praxis wie Wissenschaft gegen eine Geschlechterquote in den Medien.

Einer jüngsten Studie zufolge sind 70 Prozent der deutschen Unternehmer gegen eine Frauenquote, weil diese die Leistungsfähigkeit mindere. Die Fraunhofer-Gesellschaft kam 2011 zu dem Ergebnis, „daß die einschlägige Forschung derzeit keine Schlüsse auf eine generelle ökonomische Vorteilhaftigkeit von Gender Diversity zuläßt“.

Die Protagonisten der Quote ficht das nicht an. Beredter Ausdruck dafür ist der Spiegel-Erbe und Freitag-Herausgeber Jakob Augstein. Für ihn ist die Forderung nach einer Frauenquote ein unhinterfragbares Argument. Es sei deshalb „sinnlos, darüber überhaupt noch zu diskutieren“.

Da seine Redaktion bereits das Quotensoll von 30 Prozent Frauen übererfüllt hat, gibt er gern den verbalen Radikalinski: „Sie müssen das jetzt mit der Waffe erzwingen. Die Frauen sind viel zu harmlos. Sie müssen zu tätlichen Angriffen übergehen.“

Neben der „vorgehaltenen Pistole“ wird den Frauen empfohlen, zu „Farbbeuteln“ zu greifen, um sich die Chefsessel in der Medienlandschaft zu erobern. Augstein sekundiert die Spiegel-Redakteurin Elke Schmitter. Sie hat in den vergangenen Jahrzehnten gelernt, daß man am besten „Lunten legt, an jeder Stelle“.

Schmitter gibt offen zu, daß das Anliegen der Quoten-Aktivistinnen „ja kein politisches Mandat“ habe und „genuin antidemokratisch“ sei. Gerade deshalb fordere man – statt der beabsichtigten Hälfte an Führungspositionen – nur dreißig Prozent, weil so eher Akzeptanz zu erlangen sei.

Gleichwohl würden dreißig Prozent Frauenanteil eine kritische Masse bilden, die den angestrebten Zustand von fünfzig Prozent Führungsfrauen dann automatisch herbeiführen werde. Schmitters verquere Logik: Erst komme die Quote, die Wirklichkeit käme „dann hinterher“.

Besonderes Gewicht erhält diese Frage dabei mit Blick auf ihren Arbeitgeber, ist doch der Spiegel ein Leitmedium. Schmitter bezeichnet dessen Machtstruktur freiweg als „byzantinisch“, was zu einigem Murmeln im Auditorium führte. Offenbar kann sie sich das auch deshalb erlauben, weil die Machtverhältnisse beim Spiegel, wie sie das aktuelle Motiv der Werbekampagne widerspiegelt, schon bald der Vergangenheit angehören könnten.

Dann wären es nicht mehr „die Politiker“, die vor der Konferenz zittern, sondern die männlichen Redaktionskollegen, die sich vor der Quote fürchten. Das dürfte dann „Byzantinismus“ unter umgekehrten Vorzeichen sein.

Daß sich die mediale Phalanx hierzu bereits formiert hat, beweisen Dagmar Engel, Chefredakteurin der Deutschen Welle, und Birgit Wentzien, die erst kürzlich von Deutschlandradio-Intendant Willi Steul zur Chefredakteurin des Deutschlandfunks berufen wurde.

Steul versicherte obendrein in vorauseilender Demut sich bei gleicher Qualifikation „bis auf weiteres für die Frau“ zu entscheiden. Engel dagegen freut sich auf die „höhere Fehlerkultur“, die von Frauen geführte Unternehmen ermöglichten. „Schalke 05“ läßt grüßen!

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