© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/12 15. Juni 2012

Greifswalder Uni-Rektor: Sowjetische Verbrechen und Ideologiestaat DDR
In den Maschen der Zensur
(jr)

Einen Tag vor Wiederöffnung der Greifswalder Universität wurde am 14. Februar 1946 deren Rektor, der Theologe Ernst Lohmeyer, von den Sowjets verhaftet und im September 1946 in einem Wald nahe der Hansestadt erschossen. Fünfzig Jahre später erfolgte seine vollständige Rehabilitation durch die Militäroberstaatsanwaltschaft des postsowjetischen Rußland. Bemerkenswert an diesem „Justizirrtum“ für vermeintliche Verbrechen als Besatzungsoffizier in Rußland ist indes weniger seine exemplarische Bedeutung für die Realgeschichte der sowjetischen „Befreiung“ 1945 ff. Ergiebiger ist sein Fall für die Geschichte des Ideologiestaates DDR, dessen Mechanismen auch in der Berliner Republik noch funktionieren (Zeitgeschichte regional. Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern, 2-2011). Nur tritt heute an die Stelle von „Verstößen gegen die Parteilichkeit der marxistisch-leninistischen Geschichtsschreibung“ der Hinweis auf „politische Unkorrektheiten“, wenn es gilt, „Überarbeitungen“ öffentlich geförderter Forschungen zu verlangen. Wie man solche Repressionen in der DDR exekutierte, schildert Wolfgang Wilhelmus anhand seines Versuchs, das Schicksal Lohmeyers, der bis 1989 als Kriegsverbrecher galt, in der offiziösen Greifswalder Universitätsgeschichte von 1981 zu thematisieren. Er scheiterte damit am engmaschigen Zensur-Netzwerk von „Partei und Staat“.

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