© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/12 22. Juni 2012

Unantastbar
Im September 2004 gründete sich in Brixen eine Oi-Punk-Band: Seitdem rocken die fünf Jungs Südtirol
Andreas Ferber

Es gibt ein Land im Herzen der Alpen, das ist unglaublich schön. Umringt von einem Kranz von Bergen, mit Bächen und blauen Seen.“ Was anmutet wie ein Heimatgedicht aus Kaisertagen, faucht eine Punkrockband aus Südtirol in die Mikrophone. Mit harten Gitarren-Riffs, Baß und Schlagzeug ist die Hymne eine etwas andere Liebeserklärung an die Heimat. Unantastbar wollen sie sein. „Unantastbar“ sind sie seit 2004.

Damals überredeten Frontmann Joachim „Joggl“ Bergmeister und Gitarrist Christian Heiss ihre Freunde, eine Band zu gründen. Nach einer durchzechten Nacht fragten sie einfach, ob sie nicht auch mal ein paar Akkorde klampfen wollen. Inzwischen beherrschen die fünf Jungs aus Brixen und Sterzing in der Provinz Bozen ihre Musikinstrumente und ihr Publikum. Der Name liegt Sänger „Joggl“ besonders am Herzen. „Die entscheidende Frage ist doch immer, wie sehr und wie nah läßt du Menschen an dich heran, auch in dein Herz. Wenn ich es nicht zulasse – gar nicht! Da kommen nur die Leute hin, bei denen ich das auch will. Und die anderen können dich mal, die können dich nicht angreifen, nicht verletzen – für die bist du unantastbar“, erklärt er.

Wenn man Lieder der Südtiroler hört, muß man unfreiwillig an „Boehse Onkelz“ denken. Am Vergleich mit den Frankfurter Rock-Legenden kommt man schon deshalb nicht vorbei, weil die vier das Genre lange geprägt haben. „Unantastbar“ sind natürlich auch mit den „Onkelz“ groß geworden und bekennende Anhänger. „Wir haben mit ‘Onkelz’-Coversongs angefangen, aber wir hatten von Anfang an Lust, unsere eigenen Songs zu machen“, bekundet Heiss. Ihr Musikstil lehnt sich am Oi-Punk an, der Anfang der achtziger Jahre in Großbritannien als Reaktion auf den kommerzialisierten Punk entstand. Typisch dafür sind eine rebellische Haltung, proletarische Werte und eine sprichwörtliche Bodenhaftung, die auch mit dem dritten Album der fünf Südtiroler und dem Titel „Schuldig“ (2011) nicht verlorengegangen ist.

„Viele Lieder sind autobiographisch und haben unter anderem mit der Vergangenheit der Bandmitglieder zu tun“, gesteht Schlagzeuger Florian „Schkal“ Wieser. Die gesellschaftskritische Platte kletterte Ende des vergangenen Jahres immerhin auf Platz 33 in der deutschen Media Control Albumrangliste. „Charts hin oder her: Wir bleiben, wie wir sind!“ bedankte sich die Band hinterher bei ihren Anhängern. Auch was die politischen Präferenzen betrifft, fühlen sich die Rocker „unantastbar“: Öffentlich gingen sie auf Distanz zum politischen Extremismus von links oder rechts. Mit Südtirol im Herzen und harten Beats in den Ohren haben sie keine Lust auf stumpfe Parolen. „Unsere Musik soll da sein, um Spaß zu haben, zu feiern, und einfach nur geil sein!“

Für Auftritte fahren die „Oi-Punker“, von denen einer noch studiert und die anderen ihren Berufen nachgehen, gerne über die Alpen. Ihre Volldampfmusik sei in Südtirol nicht so sehr vertreten wie in Deutschland, obwohl sie auch hier wie in Österreich, der Schweiz und in Italien regelmäßig auf Tour gehen. Vor allem der Wechsel zur Plattenfirma Rookies & Kings (zu deutsch: Neulinge und Könige) hat sich ausgezahlt. „Mit Rookies & Kings haben wir noch einmal andere Möglichkeiten bekommen“, freut sich Bassist Mathias „Spitzi“ Speranza über einen wachsenden Bekanntheitsgrad.

Dem ehemaligen Bandkollegen „Joggls“, dem „Frei.Wild“-Sänger Philipp Burg, hat die 2004 in Brixen gegründete Band zu verdanken, daß sich die Tore zu großen Festivals auftaten. „Wenn du fünf oder sechs Jahre immer in den gleichen Läden spielst, das kann schon frustrieren. Und wenn du dann so eine Chance bekommst, dann mußt du sie auch ergreifen“, sagt der zweite Gitarrist Thomas „Tom“ Conrater. Wegen der großen Nachfrage haben die „Unantastbaren“ ihr Debütalbum „Niemals wie Ihr!“ (2006) mit der Ode an „Südtirol“ nochmals aufgelegt. Rechtzeitig zur Europameisterschaft kam zudem „Das Stadion brennt“ auf den Markt. „Der Song schreit geradezu danach, die Gläser zu heben und die Bengalos zu zünden“, meinen die Musiker und bieten ihn im Netz kostenlos an.

„Unantastbar“ spielt am 29. Juni in Wäckerschwend (Schweiz), am 14. Juli in Rieden-Kreuth (Bayern) und am 20. Juli in Waldlaubersheim (Rheinland-Pfalz).

www.unantastbar.net

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