© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/12 29. Juni 2012

Frisch gepresst

Judentum. Mit dem Wiederabdruck von Ludwig Feuchtwangers zwischen 1928 und 1938 veröffentlichten Texten schließt die „Trilogie der Wiedererinnerung“ an den deutsch-jüdischen Syndikus und Lektor des Verlages Duncker & Humblot ab, die 2003 mit der Edition seiner Aufsätze zur jüdischen Geschichte begann und 2007 mit der Herausgabe der Korrespondenz mit dem „antipodischen Hausautor Carl Schmitt“ fortsetzt wurde. Diese Arbeiten weisen den jüngeren Bruder des Erfolgsautors Lion Feuchtwanger als umfassend gebildeten Analytiker der „deutsch-jüdischen Symbiose“ aus, der unter dem Eindruck der NS-Machtergreifung festhielt, was dem ordinären Philosemitismus bundesdeutschen Zuschnitts von jeher fremd ist: daß nämlich bis 1938 die „Juden unter den Deutschen in sich das gleiche Bild der Zersplitterung in tausend weltanschauliche und politische Schattierungen und Richtungen“ widerspiegelten. Die mit dieser Einsicht verbundene Reflexionshöhe bestimmt Feuchtwangers Denken und gestattet ihm selbst ein abwägendes Urteil über Wilhelm Graus „Wilhelm von Humboldt und das Problem des Juden“ (1935), einer „neuen Geschichtsbetrachtung“ von den Juden als „volksschädlichen Eindringlingen“, die gegenüber der „konventionellen jüdischen“ Erfolgsgeschichte der Emanzipation zumindest partiell im Recht sei. (wm)

Reinhard Mehring, Rolf Rieß (Hrsg.): Ludwig Feuchtwanger. Auf der Suche nach dem Wesen des Judentums. Duncker & Humblot, Berlin 2011, gebunden, 176 Seiten, 34 Euro

 

Unruhe im Osten. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa galt es den Schutt wegzuräumen, was nicht nur in der DDR sogar wortwörtlich galt. Natürlich gab es während dieses nach 1990 einsetzenden Transformationsprozesses Verlierer im System – meist die ehemalige politische Nomenklatura, Arbeitslose und Rentner. In zwanzig Aufsätzen beleuchten deutsche und polnische Politologen die Protestformen der vergangenen zwanzig Jahre, die als Reaktion auf den gesellschaftlichen Umbau zwischen Elbe und Wolga zu beobachten waren. Wie könnte es auch anders sein, stehen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und „Populismus“ (üblicherweise auch rechts), in den Beiträgen, die eine Tagung des Deutschen Polen-Institutes von 2010 wiedergeben, als Hauptphänomene im Fokus. (bä)

Dieter Bingen, Maria Jarosz, Peter Oliver Loew (Hrsg.): Legitimation und Protest. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2012, broschiert, 314 Seiten, 29,80 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen