© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/12 06. Juli 2012

Deutsche Sparer haben viel zu verlieren
Euro-Krise: Die geplante Bankenunion wäre der nächste große Schritt in die europäische Transferunion
Klaus Peter Krause

Noch haben wir es nicht, noch ist es nicht beschlossen, dieses Gebilde, das die „Euro-Rettungspolitiker“ Bankenunion nennen. Das Wort geprägt hat EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der dieses Konstrukt herbeifordert. In ihr soll in allen Euro-Staaten die Aufsicht über die Banken vereinheitlicht sein und soll es einen gemeinsamen Fonds geben, um die Spargelder und Guthaben der Bankkunden bei einem Zusammenbruch und einer Zahlungsunfähigkeit ihrer Bank abzusichern. Aber so sinnvoll eine vereinheitlichte, gemeinsame und durchsetzungsfähige Bankenaufsicht zumindest im Grundsatz und jedenfalls in einer Währungsunion wie der des Euro ist, so gefährlich ist ein Vergemeinschaften der bestehenden nationalen Sicherungsfonds für die Gelder der Bankkunden.

Bisher ist der Schutz der Bankkunden national organisiert, europäische Rahmenregeln für die nationalen Einlagensicherungssysteme gibt es nur als Mindestvorschriften. Am besten abgesichert sind die Kunden der Banken in Deutschland. Das schürt die Begehrlichkeit der Politiker in der EU und anderen Euro-Staaten, die deutschen Sicherungsgelder in einen gemeinsamen Fonds zu überführen. Das Ziel ist, daß vor allem diese deutschen Gelder mithelfen sollen, wenn in anderen Euro-Staaten Banken wackeln und deren schlechter abgesicherte Kundengelder gefährdet sind. Deutsche Banken und Sparer sollen die Sicherheit von Einlagen etwa in Spanien und Griechenland mit garantieren.

Damit würde ein Haftungsverbund geschaffen, also das Haften für von den Banken eingegangene Risiken vergemeinschaftet. Banken mit riskanter Geschäftspolitik würden entlastet (und zu weiteren Risiken ermuntert), Banken mit vorsichtigem Geschäftsgebaren und deren Kunden hätten dafür geradezustehen. Erlahmen oder ganz verschwinden würde das Interesse der Banken, sich selbst um das Sichern der Kundengelder zu kümmern und krisenfeste Risikovorsorge zu betreiben.

Eine erste kommentierende Reaktion auf den Plan einer Bankenunion war vom finanzpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, Ende Mai in Berlin gekommen: „Stärker verzahnte Bankenaufsicht ja, Lastenteilung im Fall einer Bankenkrise nein.“ Eine weitere Lastenteilung sei der „erneute, untaugliche Versuch, die Bonität Deutschlands über Umwege anzuzapfen. Das machen wir nicht mit“, versprach der CDU-Politiker. Die Wirtschaftswoche warnte eindringlich: „Eine Bankenunion würde klamme Kreditinstitute künstlich am Leben erhalten; nordeuropäische Sicherungsfonds müßten womöglich auf Dauer für südeuropäische Einlagen geradestehen. So würden nach den Steuerzahlern nun indirekt auch die Sparer ins europäische Rettungsboot gezwungen.“

Daher ist der Plan einer Bankenunion, wie die FAZ treffend schrieb, ein „Angriff auf deutsche Sparkonten“. Die drei deutschen Bankgruppen haben sich zu jeweils eigenen Haftungsverbünden zusammengetan: die Privatbanken, die Volks- und Raiffeisenbanken mit ihrer DZ Bank an der Spitze sowie die öffentlichen Sparkassen und Landesbanken. Wenn eine ihrer Banken zahlungsunfähig wird, springt der jeweilige Fonds ein, den jede Bank mit ihren Beiträgen füttert. Die Kunden in Deutschland sind auf diese Weise besser geschützt als die in anderen Euro-Staaten.

Sie haben in einer Euro-Bankenunion also viel zu verlieren. Werden die Vorsorge-Milliarden der deutschen Banken in einen gemeinsamen europäischen Einlagensicherungsfonds gesteckt, käme das einer Enteignung gleich. Außerdem ginge ein gutes bewährtes Sicherungssystem auf in einem System, das sich noch nicht bewährt hat und zu viele schlechte Risiken enthält, zumal es an der Risikokontrolle fehlt, der sich die deutschen Banken in ihrem jeweiligen Verbundsystem regelmäßig unterziehen.

„Die Sorgfalt bei der Bewahrung und Vermehrung des Vermögens, das die heute lebenden Menschen von ihren Vorgängern geerbt haben, ist der Hauptgrund für die wirtschaftliche Effizienz des kapitalistischen Systems“, schreibt Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo-Instituts, in einer Analyse zur Bankenunion. „Während der Krise haben massive staatliche Interventionen dieses Prinzip unterminiert und schon viel Vermögen zerstört. Es ist heute, im fünften Jahr der Krise, höchste Zeit, die Fehlanreize der Rettungsstrategien in den Blick zu nehmen, die die Führer Europas bislang ausprobiert haben. Eine Bankenunion, die über eine gemeinsame Regulierung hinausgeht und Geld zwischen den Ländern umverteilt, braucht Europa nicht.“

Sinn schlägt vor, was auch von anderer Seite schon gekommen ist, es sei besser, die Bankschulden in Eigenkapital zu verwandeln statt die Steuerzahler Europas in Geiselhaft zu nehmen, sollten die Aktionäre ihre Aktien den Gläubigern im Austausch für einen Forderungsverzicht übergeben. Das würde die Banken, nicht aber deren Eigentümer retten.

Was Barroso mit der von ihm gewünschten Bankenunion will, wird unterstützt von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, von EZB-Präsident Mario Draghi, befürwortet vom Internationalen Währungsfonds (IWF), verlangt von Frankreichs sozialistischem Präsidenten François Hollande – also von einer ganzen Phalanx politisch Mächtiger.

Sie alle bedrängen Deutschland, einer solchen Bankenunion zuzustimmen. Angela Merkel wehrt ab – noch. Die Bundeskanzlerin hat zunächst schon so manches abgewehrt und ist dann doch eingeknickt. Das bisher für Deutschland schlimmste Beispiel ist der vom Bundestag am 29. Juni beschlossene Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM). Käme auch die Bankenunion noch über uns, dann wäre das der nächste große Bauklotz für die „Europäische Transferunion“.

 

Mittelstand gegen Bankenunion

Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand hat vor der Einfühung einer Euro-Bankenunion gewarnt. Der Zusammenschluß von acht führenden Verbänden aus Handel, Industrie, Handwerk, Gastgewerbe sowie der mittelständischen Kreditwirtschaft spricht sich statt dessen dafür aus, „daß die Solidarsysteme zwischen Banken wie der durch die Bankenabgabe finanzierte Restrukturierungsfonds und die Einlagensicherung angesichts des momentanen Standes der politischen Integration Europas auf absehbare Zeit national bleiben“. Risiken und Haftung dürften auch zukünftig nicht voneinander getrennt werden. „Außerdem wäre es nicht angemessen, jede kleine und mittelgroße Bank oder Sparkasse einer europäischen Aufsicht zu unterstellen“, heißt es in einer Analyse der AG Mittelstand. „Die deutsche Wirtschaft ist auf eine zuverlässige Finanzierung durch die heimischen Banken angewiesen. Die Brüsseler Pläne bedeuten, daß die bewährten deutschen Bankensicherungssysteme geschwächt würden, da sie künftig auch zur Rettung anderer europäischer Geldinstitute herangezogen werden könnten.“

Foto: Sparkasse Düsseldorf: Vergemeinschaftung von Risiken anderer Euro-Länder zu Lasten des soliden dreigliedrigen deutschen Bankensystems

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