© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/12 06. Juli 2012

Der programmierte Zusammenbruch
Euro-Krise: Fünf Wirtschaftsexperten erklären, warum der Crash der Gemeinschaftswährung unvermeidbar ist und wie man sich darauf vorbereitet
Christian Schwiesselmann

Manchmal wünscht man sich, daß die Propheten der Euro-Krise unrecht hätten. Doch jeden Tag bekommen die Apokalyptiker des kollektiven Staatsbankrotts im Alten Europa ein Stück weit mehr recht: Der Bankenkollaps in Spanien jagt die Staatspleite in Griechenland, die europäischen Regierungen purzeln wie die Dominosteine, und am Ende zahlen die Deutschen.

Warum tun sie das? Wilhelm Hankel, Währungsexperte und Euro-Kritiker der ersten Stunde, versucht in der Einleitung eine Antwort: „Noch nie in der Geschichte hat eine politische Führung, unterstützt von einer Medienmaschine fachlich teils überforderter oder beruflich abgestumpfter Meinungsmacher (man kann sich die Gründe aussuchen), dem Bürger so massiv eingeredet, er täte besser daran, den eigenen Verstand nicht zu gebrauchen.“ Den gängigen Euro-Lügen vom Währungsvorteil für die deutsche Exportwirtschaft setzt er vier „Wahrheiten“ entgegen:

Eine bürgerliche Gesellschaft könne erstens auf „stabiles Geld“, ein „Metermaß unverfälschter Leistung und Gegenleistung“, nicht verzichten. Nicht mehr Geld, sondern mehr reale Wirtschaftsleistung sei das Gebot der Stunde. Zweitens habe das „undurchdachte Währungsexperiment“ die südeuropäischen Euro-Länder durch niedrige Realzinsen zu weiterem Über- und Luxuskonsum verführt, ohne den Nord-Euro-Staaten ein Veto dagegen zu ermöglichen.

Drittens sei die Rückkehr zu einer Wechselkursunion kein währungspolitischer Sündenfall, sondern eine Rückkehr zum währungsgeschichtlichen Normalfall. Und viertens widerlegt Hankel den Mythos, der Ausstieg aus dem Euro sei unbezahlbar. Island habe in der Finanzkrise 2008/2009 sein gesamtes Bankensystem verloren und stehe heute dank drastischer Währungsabwertung besser da als andere Staaten der Euro-Zone. Fazit: „Ein Land mit eigener Währung hilft sich immer selbst; es ist weder auf fremde Unterstützung angewiesen, noch muß es fürchten, seine Staatlichkeit zu verlieren und zum finanziellen Protektorat seiner Helfer abzusinken, seien es nun EU oder IWF.“

Der Staats- und Wirtschaftsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider sieht den Euro vor allem als Instrument bürokratischer Eliten, um einen Einheitsstaat gegen die nationale Souveränität der europäischen Völker durchzusetzen. Die Methode ist seit Jean Monnet dieselbe: Der „Staatsstreich“ wird so lange gestreckt, bis er von den Völkern als solcher gar mehr erkennbar ist. „Ein wesentlicher Hebel, illegitim und illegal den Staat Europa herbeizuführen, ist die Politik der einheitlichen Währung der Union, und zwar seit Beginn der Integration.“ Nun, wo der Euro scheitere, werde die Aushöhlung der Nationalstaaten sogar noch mit einer rechtswidrigen Euro-Rettungspolitik forciert.

Die Haftungs-, Schulden- und Fiskalunion münde, so Schachtschneider, direkt in einen europäischen Bundesstaat, sodann in den zum Zentralismus führenden Unionsstaat, der einerseits auf Umverteilung des in den Mitgliedsstaaten erwirtschafteten Vermögens zum Zwecke einheitlicher Lebensverhältnisse und andererseits auf die Herrschaft der classa politica über die Konsumbürger abziele. Für den permanenten Euro-Kläger trägt auch das Bundesverfassungsgericht ein gerüttelt Maß Mitschuld an der kommenden Inflation, weil es dem deutschen Staatsbürger den Grundrechtsschutz beispielsweise auf schadloses Privateigentum verweigere.

Der Goldexperte Bruno Bandulet deutet das geopolitische Dilemma an, in das sich Deutschland mit der Abschaffung der D-Mark – „der größten Fehlentscheidung der deutschen Politik seit 1945“ – begeben hat. Kohl habe spätestens 1988 gewußt, daß die Franzosen die „deutsche Atombombe“ (Jacques Attali) entschärfen wollten. Die Amerikaner betrachteten Europa ohnehin lediglich als „Nebenstruktur der Atlantischen Allianz“ (Henry Kissinger). Der Ausfall des Euro als Weltreservewährung dürfte die Dollarherrschaft aber nur mittelfristig stabilisieren. Für Bandulet ist es nicht tragisch, wenn mit dem Euro die „Zentralisierungs- und Gleichschaltungsmaschinerie der EU, das schreckliche Einheitsdenken“ abrupt endet.

Wilhelm Hankel räumt in seinem Beitrag mit der Legende auf, wonach eine neue D-Mark eine für die Wirtschaft tödliche Aufwertungsspirale in Gang setzen würde. Nach jeder früheren Aufwertung der D-Mark seien die Exportüberschüsse der alten Bundesrepublik größer gewesen. Eine Aufwertung einer neuen Mark um beispielsweise 20 Prozent würde nicht nur den Import von Rohstoffen vergünstigen, sondern auch die Schuldenlast des deutschen Finanzministers abtragen: „Die Aufwertung ist der Weg, um unsere Bürger und ihre Kinder von der erdrückenden Steuerlast wenigstens um 20, 30 Prozent zu entlasten“, plädiert Hankel für eine Besinnung auf Karl Schiller, der die starke Mark als „Sozialdividende der Deutschen“ verstand.

Der Sicherheitsexperte Udo Ulfkotte prophezeit soziale Unruhen, wenn das Euro-Experiment scheitert. Die EU habe sich in den vergangenen Jahren in eine Art Weltsozialamt verwandelt, in dem wirtschaftliche Mißerfolge mit Transferleistungen belohnt werden. Allein in Deutschland würden mehr als zwei Millionen Menschen von der Migrations- und Integrationsindustrie leben: „Was passiert, wenn diese zwei Millionen Beschäftigten zuzüglich ihrer Millionen Schützlinge von heute auf morgen vor dem sozialen Aus stehen?“ fragt der langjährige FAZ-Journalist angesichts des heraufziehenden Bürgerkriegs. Der Einsatz einer Sondereingreiftruppe und drakonische staatliche Maßnahmen wie die Wiedereinführung der Todesstrafe sind nach Ulfkotte im kommenden Aufstand der EU-Wutbürger nicht auszuschließen.

Wie kann sich der einzelne auf den Zusammenbruch der Gemeinschaftswährung vorbereiten? Zehn Prozent in Gold, 40 Prozent in Immobilien, 30 Prozent in Aktien und den Rest ins Ausland. Eine solche starre Strategie zur Vermögensrettung hält der Ökonom Bernd-Thomas Ramb für unseriös. Bei dem Währungscrash, dessen Wahrscheinlichkeit seinen Berechnungen nach von 35 Prozent im Jahr 2011 auf 98 Prozent 2030 steigt, sollten Anleger ihre persönliche Situation realistisch einschätzen. Egal, ob eine Währungsreform oder eine Parallelwährung kommt: Finger weg von deutschen Staatsanleihen, die übrigens mehrheitlich in den Händen ausländischer Investoren sind.

Statt in Geldvermögen sollte man in Sachvermögen und in die eigene Bildung oder die seiner Kinder investieren. „Nicht zuletzt aber empfehle ich Ihnen: Investieren Sie in den höheren Sinn für die nicht materiellen Werte des Lebens.“ Ramb schwebt dabei das christliche Freiheitsideal vor, an dessen Stelle eine „sozialistische Durchdringung unserer Gesellschaft mit dem Irrglauben des allmächtigen sozialen Wohlfahrtsstaats“ getreten sei. Sein Beitrag rundet den Sammelband ab, der im wohlbekannten Ceterum censeo der Euro-Kritiker – übrigens alle JF-Autoren – ausklingt: Gebt uns unsere D-Mark zurück!

Bandulet/Hankel/Ramb/Schachtschneider/Ulfkotte: Gebt uns unsere D-Mark zurück! Kopp Verlag, Rottenburg 2012, gebunden, 160 Seiten, 12,95 Euro

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