© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/12 06. Juli 2012

Frisch gepresst

Präsident. Die Wahl des gebürtigen Rostockers Joachim Gauck zum 11. Bundespräsidenten ist für die Altlinken ein unverdaulicher Brocken. Daß sie noch immer daran kauen, beweisen Bücher wie das des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Albrecht Müller. Der 74jährige Volkswirt, der für Karl Schiller textete, für Willy Brandt und Helmut Schmidt Wahlkämpfe plante, speit Gift und Galle über den ehemaligen Bundesbeauftragten für die DDR-Stasi-Unterlagen. Der Theologe verstünde die Mentalität der alten Bundesrepublik nicht, schlage die 68er über einen Leisten, bewundere mit neoliberaler Naivität die Märkte, habe die Occupy-Bewegung kritisiert und Sarrazin gelobt, überbetone die Freiheit und vernachlässige die soziale Gerechtigkeit – lautet die Tirade an Vorwürfen, belegt durch aus dem Zusammenhang gerissene Zitatfetzen diverser Zeitungsinterviews. Starker Tobak. Nur in einem Punkt möchte man Müller zustimmen: Gaucks Neigung zum Sowohl-als-Auch, zum Bloß-nicht-anecken-Wollen, zum „konservativ-liberalen Linken“ könnte das Präsidentenamt auf die Rolle reduzieren, die viele Vorgänger mangels Eignung spielten: Grüßaugust und Reiserentner. (cs)

Albrecht Müller: Der falsche Präsident. Was Pfarrer Gauck noch lernen muß, damit wir glücklich mit ihm werden. Westend Verlag, Frankfurt a. M. 2012, gebunden, 64 Seiten, 5,99 Euro

 

Marsmission. Der aus einem pommerschen Adelsgeschlecht stammende Jesco von Puttkamer gilt als der dienstälteste Mitarbeiter der US-Raumfahrtbehörde NASA. Dort war er an der Seite von Wernher von Braun bereits in den sechziger Jahren an Projekten bemannter Allmissionen beteiligt. Wenn der 79jährige für diese Art der Weltraumeroberung wirbt, in deren „dynamischem Prozeß“ eine Marsmission nur ein „logischer Schritt“ wäre, ja sogar mahnt, die Deutschen als Wissenschaftsnation mögen den „Fahrt aufnehmenden ‘Zug’ der bemannten Raumfahrt“ nicht verpassen, wirkt das unter Berücksichtigung, daß momentan die einst mächtige NASA nicht einmal in der Lage ist, Menschen in den nahen Erdorbit zu bringen, statt visionär beinahe weltfremd. Dennoch ist sein Buch ein lesenswerter und schön illustrierter Rückblick auf jene fünfzig Jahre, in denen der Aufbruch in unbekannte Welten als „Menschheitstraum“ Nationen zu höchsten Anstrengungen anspornen konnte. (bä)

Jesco von Puttkamer: Projekt Mars. Menschheitstraum und Zukunftsvision. Herbig Verlag, München 2012, gebunden, 270 Seiten, Abbildungen, 24,99 Euro

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