© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/12 13. Juli 2012

Pankraz,
H. Fromm und die NSU-Verschwörer

Grotesker geht’s nicht mehr: Der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm,  vom Untersuchungsausschuß des Bundestags über die „Fehler“ seines Dienstes bei der Aufklärung der sogenannten NSU-Morde befragt, erklärte, er könne darüber faktisch nichts sagen, denn seine Mitarbeiter hätten ihn in dieser Sache dauernd getäuscht. Er fühle sich von ihnen „hinters Licht geführt“. Auch schließe er nicht aus, daß „ein Referatsleiter etwas vertuschen wollte“, als er Akten dazu eiligst vernichtete.

Bereits Tage zuvor war der oberste Boß der deutschen Schlapphüte von seinem Amt zurückgetreten, und in der abendlichen „Tagesschau“ der ARD erklärte eine Reporterin aufatmend, daß nunmehr allen umlaufenden „Verschwörungstheorien“, die NSU-Affäre betreffend, der Boden entzogen sei. Es gehe nicht um finstere Verschwörungen, sondern lediglich um Aktenchaos, Kompetenzgerangel, mit einem Wort: um Dummheit.

Pankraz ist gewiß kein Freund von Verschwörungstheorien, aber er kann auch nicht an das von den Medien immer wieder so hektisch beschworene Kompetenzchaos und an die behördliche Dummheit glauben. So dumm, wie sich Fromm vor dem Untersuchungsausschuß gab, kann man ja gar nicht sein, zuallerletzt als langjähriger Geheimdienstchef. Vielmehr muß man vermuten, daß sich hier einer mit Absicht dumm gestellt hat. „Nur wer sich dumm stellt, ist wirklich schlau“, wußte schon Georg Christoph Lichtenberg. „Er will immer etwas verbergen, indem er den anderen dumm hält.“

Seit einem dreiviertel Jahr nun schon wird der interessierte Zeitgenosse in Sachen NSU-Terror dumm gehalten. Der Fall stank von Anfang an von hinten bis vorn. Die beiden mutmaßlichen Verbrecher, die „zwei blutigen Uwes“, lebten gar nicht mehr, als die Untersuchungen begannen. Ihre mutmaßliche Komplizin, die „schlaue Beate“, zündete die Wohnung an, in der man zu dritt gelebt hatte, angeblich „um Beweise zu vernichten“, doch dadurch kam die Chose erst richtig in Fahrt.

Fromms Mannen stürzten sich in das abgebrannte Haus, wühlten in der Asche und fanden „Beweise“ sonder Zahl, Bekennervideos, Waffen mit Fingerabdrücken, Fotos von „Betriebsausflügen“ der Truppe mit Freunden und Bekannten. Das BKA verhaftete daraufhin zahlreiche mutmaßliche Mittäter, mußte sie inzwischen freilich wieder freilassen. Nirgendwo ist bisher Anklage erhoben, geschweige denn ein Urteil gesprochen. Wohl noch nie hat es in der deutschen Rechtsgeschichte ein Verfahren gegeben, das derart auf bloßen Vermutungen und ebenso vollmundigen wie leichtfertigen bloßen Behauptungen errichtet wurde.

Trotzdem wird in den etablierten Medien so getan, als sei „das Wüten einer nazistischen  Terror- und Mördergruppe“ unbestreitbare Tatsache. Kein Redakteur hält sich mehr an das an sich selbstverständliche Mußmaßlichkeitsgebot. Stattdessen wurde im Nu ein mediales Phantom von gewaltiger Größe und Drohkraft installiert – und wird von der Politik höchst dankbar aufgegriffen, um lang geplante Parteiverbote und neue Finanzmittel für alle möglichen Antifa-Experten auf den Weg zu bringen. Es fällt schwer zu glauben, daß das nicht von vornherein so geplant war.

Verschwörung also, ganz ohne Theoretiker. Man braucht das, was an Informationen systematisch unter die Leute gebracht wird, und das, was allmählich inoffiziell, aber verläßlich, an den Tag kommt, nur sorgsam zusammenzuhalten, um ein Wahrscheinlichkeits-szenario zu erhalten, das mit Sicherheit überzeugender ist als die offiziellen Verlautbarungen. Pankraz möchte im folgenden einmal jenes Szenario skizzieren, das durch das Verhalten des Oberschlapphuts Fromm faktisch schon bestätigt erscheint.

Erstens: Es gibt in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung in Jena eine lose, radikal rechte Zusammenballung von ganz jungen, sechzehn- bis siebzehnjährigen Leuten, den „Thüringer Heimatschutz“, der von Verfassungsschützern alsbald beobachtet, finanziert und infiltriert wird. Die meisten der Heimatfrontler verkrümeln sich im Laufe der Zeit, steigen ein ins Berufsleben, außer den beiden blutigen Uwes und der schlauen Beate. Die sinken ins kriminelle Milieu ab, begehen kleinere Straftaten, sogar Bankraube, und der Verfassungsschutz finanziert sie weiter, benutzt sie als Informanten und gelegentliche Provokateure.

Zweitens: Es gibt in Deutschland einige türkische Dönerbudenbetreiber, die sich weigern, an die türkische Mafia die üblichen Schutzgelder zu zahlen. Sie werden im Laufe der Jahre einer nach dem anderen von dieser Mafia (welche ihrerseits Beziehungen zum türkischen Geheimdienst und zu den dortigen „Grauen Wölfen“ unterhält) umgelegt. Das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel ist den Profikillern schon voll auf der Spur, widmet dem Vorgang zwei ausführliche Beiträge.

Drittens: Als die beiden Uwes bei einer ihrer Räubereien zu Tode kommen, beschließt der  Verfassungsschutz in Zusammenarbeit mit dem türkischen Geheimdienst „Millî İstihbarat Teşkilâtı“, dem ohnehin verbrannten deutschen NSU die Dönermorde des letzten Jahrzehnts in die Schuhe zu schieben. Das sei in beiderseitigem nationalen Interesse. Auch amerikanische Geheimdienstler scheinen mit von der Partie gewesen zu sein; siehe die Anwesenheit eines US-Agenten bei jenem rätselhaften Polizistenmord in Heilbronn, welcher nun ebenfalls dem NSU in die Schuhe geschoben wird.

Natürlich sind diese drei aufgezählten Punkte keine Theorie, es sind lediglich die Vermutungen eines interessierten Beobachters, der sich einen plausiblen Reim auf die Fülle der Informationen, respektive Pseudo- und Desinformationen zu machen versucht. Zusätzliche Realinformationen sind willkommen.

Allerdings, Manöver wie die von Fromm vor dem Parlament sind nie und nimmer Realinformation, höchstens Beamtenbeschimpfung. Aber sind deutsche Beamte wirklich so heruntergekommen?

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