© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/12 13. Juli 2012

CD: Marilyn Manson
Rückkehr zu den Wurzeln
Nils Wegner

Drei Jahre sind ins Land gezogen, seitdem Marilyn Manson, das exzentrische Enfant terrible der postmodernen Rockmusik, zuletzt mit einem Studioalbum von sich hören machte. Längst sind die Zeiten seiner schillernd-grotesken, aber auch bodenlos zornigen Fundamentalkritik an der US-Kultur vorbei – das dazugehörige Albentriptychon aus „Antichrist Superstar“, „Mechanical Animals“ und „Holy Wood (In The Shadow of the Valley of Death)“ ist zwischenzeitlich in die Musikannalen eingegangen.

Seit dem 2007 veröffentlichten Album „Eat Me, Drink Me“  hat der baumlange Schockrocker, bürgerlich Brian Hugh Warner, zu einem selbstreflexiven Stil gefunden, der jedoch die gewohnte Bissigkeit nicht vermissen läßt. Nun ist mit „Born Villain“ sein achter Tonträger erschienen und auf hohe Erwartungen getroffen, nachdem Manson im Vorfeld von einer Rückkehr zu wuchtigerem Klang, einer Art „Suicide Death Metal“, gesprochen und der nach anderen Projekten zurückgekehrte Bassist und „Zeremonienmeister“ der Band, Twiggy Ramirez, das neue Album als „das bisher beste“ bezeichnet hatte.

Das programmatisch betitelte „Hey, Cruel World ...“ eröffnet den Reigen mit einem lauernden, elektronischen Intro, um dann mit reichlich verzerrten Gitarren und giftigem „I am among no one“-Gesang die Rückkehr zu wütenderen Zeiten zu postulieren. Schnell stellen sich Erinnerungen an „Antichrist Superstar“ ein, die auch  „No Reflection“ trotz eines deutlichen Elektro-Einschlags (Nine- Inch-Nails-Urgestein Chris Vrenna spielt mittlerweile Keyboard bei Marilyn Manson) bestätigt. Während „Pistol Whipped“ ruhigere Töne anschlägt, stehen „Overneath the Path of Misery“ und „Slo-Mo-Tion“ in der Glam-Tradition des 1998er-Langspielers „Mechanical Animals“; für viele Fans bis heute das beste Manson-Album. Das größtenteils in Sprechgesang vorgetragene „The Gardener“ zieht in seinem argwöhnischen Blick auf die Menschheit den Hut vor Iggy Pop und seiner Band The Stooges, wohingegen „The Flowers of Evil“ mit seinen Punk-Anleihen sowie die gotisch-düstere Sterblichkeitsmeditation „Children of Cain“ radiotauglich und tanzbar daherkommen, gefolgt von dem rockigen „Disengaged“ und dem blueslastig einherwalzenden „Lay Down Your Goddamn Arms“.

Das letzte Albumdrittel wird von „Murderers Are Getting Prettier Every Day“ treibend schnell eröffnet. Hier schreit Amerikas liebstes popkulturelles Haßobjekt sich wieder die Wut aus dem Leib, unterlegt von einem wahren musikalischen Wirbelsturm wie zu Zeiten seiner gefeierten „Guns, God & Government“-Welttournee.

Das hypnotische „Born Villain“ und die Ballade „Breaking the Same Old Ground“ runden die CD stimmig ab – bis der Bonustitel hervorbricht, eine Manson-typische Coverversion. Diesmal hat es den Carly-Simon-Klassiker „You’re So Vain“ getroffen, der unter instrumentaler Mitwirkung von Johnny Depp in einen zwar uninspirierten, aber eingängigen Rock-Kracher transformiert wurde.

Marilyn Manson muß sich nicht neu erfinden. „Born Villain“ ist ein, wenngleich etwas zusammengestückelt, hervorragendes Einstiegsalbum für all jene, die bisher von den Allüren Mansons und seinem medialen Ruf abgeschreckt wurden.

Marilyn Manson, Born Villain Vertigo Berlin (Universal), 2012  www.universal-music.de

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