© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/12 13. Juli 2012

Sport frei
Das Deutsche Sportabzeichen wird hundert und soll 2013 gründlich modernisiert werden
Fabian Flecken

Höher, schneller, weiter. Um die zwei Millionen Freizeitsportler aller Altersklassen versuchen sich jedes Jahr an diversen sportlichen Herausforderungen, ungefähr die Hälfte von ihnen erntet schlußendlich ein wenig Ruhm – das Deutsche Sportabzeichen. Bei dem Erwerb des Abzeichens, dessen Idee nach den Olympischen Spielen in Stockholm 1912 von Carl Diem aus Schweden „importiert“ wurde, spielen hauptsächlich die Fertigkeiten aus den klassischen Disziplinen Leichtathletik, Radfahren, Schwimmen und Turnen die entscheidende Rolle.

Vor dem 100. Geburtstag im nächsten Jahr soll der bekannte Breitensportorden gründlich aufpoliert werden. Dazu hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) schon 2007 eine Projektgruppe ins Leben gerufen, die nun mit einem abschließenden Ergebnis in die Öffentlichkeit getreten ist. Als Problem wird zum Beispiel der geringe Anteil der „mittleren und hohen Altersgruppen“ genannt – derzeit gehen gut drei Viertel der verliehenen Auszeichnungen an sportbegeisterte Kinder und Jugendliche. Demgegenüber gilt das Durchschnittsalter der Prüfer als zu hoch und soll perspektivisch gesenkt werden.

Eine der augenfälligsten Neuerungen ist die Einführung der drei Leistungsstufen Gold, Silber und Bronze. Hierdurch soll für die bisher „vorläufig Gescheiterten“ die Möglichkeit eröffnet werden, sich Stück für Stück an die höchste Stufe des Abzeichens heranzutasten. Zudem gibt es für die diversen Altersklassen, die nun komplett in Fünfjahresschritten gruppiert sind, auch unterschiedliche Leistungsanforderungen. Kernelement der Prüfungen bleiben die motorischen Grundfähigkeiten Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Koordination. Walter Schneeloch, Vizepräsident Breitensport/Sportentwicklung des Deutschen Olympischen Sportbundes, lobt die Reformen. „Mit sportwissenschaftlicher Unterstützung haben wir es geschafft, das Deutsche Sportabzeichen wieder als Leistungsnachweis für vielseitige körperliche Leistungsfähigkeit zu positionieren.“ Der neue, stark gestraffte Leistungskatalog habe eine klare Systematik und folge einer inneren Logik. Die drei neuen Leistungsstufen sollen das Sportabzeichen vor allem für ältere Leute attraktiver machen.

An der Basis stoßen die ab 2013 geltenden Änderungen jedoch auf Kritik. „Für Bronze sind die Anforderungen allerdings derart heruntergesetzt, daß ein vorher gewünschtes Training entbehrlich wurde“, bemängelt Ullrich Panzer.

Der ehemalige Sportbeauftragte der Bremer Schutzpolizei ist seit 1975 ehrenamtlicher Prüfer für das Deutsche Sportabzeichen, das 1913 als „Auszeichnung für vielfältige Leistungen auf dem Gebiet der Leibesübungen“ zuerst an den Gründervater Carl Diem – übrigens der Urheber des olympischen Fackellaufs – verliehen wurde. Er sieht einen Widerspruch zwischen der Idee der Gesunderhaltung und der geplanten Leistungsspreizung. Gold sei nur noch für Leistungssportler erreichbar, empört sich Ullrich, der bis 2004 auch Landesbeauftragter für das Sportabzeichen in Bremen war.

Dabei fiel die „Modernisierung“ noch moderat aus. Die Projektgruppe wollte ursprünglich das Deutsche Sportabzeichen gänzlich umbenennen. Damit wäre ein Gütesiegel des deutschen Breitensports – vergleichbar dem Made in Germany in der Exportwirtschaft – dem Reformeifer der Verbandsfunktionäre zum Opfer gefallen.

 www.deutsches-sportabzeichen.de

Foto: Schnelligkeit und Ausdauer sind gefragt: Die meisten Träger des Deutschen Sportabzeichens sind Schüler

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen