© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/12 20. Juli / 27. Juli 2012

Verfassungsschutzaffäre
Falsche Annahme
Felix Krautkrämer

Ein paar vernichtete Akten hier, ein paar überraschende Dokumentenfunde dort, V-Leute, die sich als Provokateure aufführen, und Verfassungsschützer, die sich zum Zeitpunkt eines Mordes am Tatort aufhalten: Der deutsche Inlandsgeheimdienst mit Bundesamt in Köln und 16 selbständigen Landesdiensten präsentiert sich im Zuge der Ermittlungen zur Zwickauer Terrorzelle nicht gerade als Hort geballter Kompetenz und Effizienz. Daran ändert auch der dritte Rücktritt eines Verfassungsschutzpräsidenten innerhalb von nur zwei Wochen nichts.

Immer lauter werden daher nun die Forderungen nach einem Umbau des Nachrichtendienstes. So berechtigt dies sein mag: Vorher sollten erst einmal die Ermittlungsergebnisse abgewartet werden. Schließlich greift auch die grundlegendste Reform nicht, wenn sie auf einer falschen Annahme beruht. Daß drei steckbrieflich gesuchte junge Rechtsextremisten über 13 Jahre lang untertauchen können – dabei quer durch die Bundesrepublik zehn Morde begehen, mindestens 14 Banken ausrauben sowie zwei Sprengstoffattentate verüben und während dieser ganzen Zeit immer den Kontakt zu einzelnen Unterstützern aus der mit Spitzeln und V-Leuten durchsetzten rechtsextremen Szene halten sollen, ohne daß der Verfassungsschutz davon auch nur die geringste Kenntnis hat – ist solch eine falsche Annahme.

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