© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/12 20. Juli / 27. Juli 2012

Hans-Georg Maaßen soll neuer Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz werden
Der Aufpasser
Paul Rosen

Sein Gesicht prägt eine randlose Brille, wie sie Tausende tragen. Geboren wurde er 1962 in Mönchengladbach und hat eine juristische Bilderbuchkarriere hinter sich. Ansonsten weiß man nicht viel über Hans-Georg Maaßen, den Abteilungsleiter Terrorismus im Bundesinnenministerium, der als Nachfolger des zurückgetretenen Verfassungsschutzpräsidenten Heinz Fromm im Gespräch ist. Von der Koalition gab es schon vor der zum Redaktionsschluß ausstehenden Berufung Vorschußlorbeer: Maaßen sei „sehr klug, sehr fleißig, sehr präzise und auch hilfsbereit“, lobte etwa der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach.

1991 ging Maaßen nach der Promotion über Völkerrecht an der Universität Köln ins Bundes-innenministerium, wo er sich vor allem mit Fragen der Zuwanderung und des Ausländerrechts beschäftigte. Seit 2001 ist er zudem Lehrbeauftragter für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der FU Berlin. Den Rot-Rot-Grünen in Politik und Publizistik schmeckt Maaßen überhaupt nicht. Er sei ein „Mann des Apparats“, kritisiert die Frankfurter Rundschau und zitiert eine anonyme SPD-Stimme, die Maaßen einen „beinharten Technokraten“ nennt.

Aufgefallen ist Maaßen trotz seiner Arbeit im abgeschotteten Ministerium. 2007 etwa warnte er laut FAZ vor zu lockeren Maßstäben bei der Zuwanderung hochqualifizierter Ausländer und drehte den Spieß um: Viel mehr Deutsche würden ausreisen als Ausländer ins Land kämen: „Hier müssen sich auch die Unternehmen fragen, ob sie genug tun.“

Ebenfalls 2007 trat Maaßen vor dem Kurnaz-Untersuchungsausschuß auf. Murat Kurnaz war ein in Bremen lebender Türke, der den US-Truppen in Afghanistan in die Hände gefallen und in das Lager Guantánamo gebracht worden war. Im Herbst 2002 sollte Maaßen prüfen, ob eine Einreise von Kurnaz ins Bundesgebiet möglich sei. Ergebnis war nach einem Bericht der taz: Kurnaz dürfe nicht wieder einreisen, weil seine Aufenthaltsgenehmigung erloschen sei. Schließlich habe er sich mehr als sechs Monate im Ausland aufgehalten und keine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung beantragt. Es handele sich um „Erlöschen kraft Gesetzes“. Wichtig sei dafür die Abwesenheit von mehr als sechs Monaten, „nicht entscheidend sei, ob der Auslandsaufenthalt freiwillig erfolgt“. Die reine Anwendung des Rechts beweist für den Justitiar der Linksfraktion, Wolfgang Neskovic, „eine haarsträubende und menschenfeindliche Rechtsauffassung“. Da Maaßen auch die Flughafenverfahren für Asylsuchende rechtfertige, sei er ein „empathieloser Technokrat“, so Neskovic.

Die Kritik der Linken darf Maaßen, ein Mann des Rechts, als Auszeichnung empfinden. Seine unbedingte Rechtstreue kann sich aber in Zeiten, wo selbst Regierende mit Verfassung und Gesetz lockerer als früher umzugehen pflegen, als Pferdefuß erweisen.

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