© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/12 20. Juli / 27. Juli 2012

Herr Monti sucht das Geld
Südtirol: Das überschuldete Italien greift nach dem Vermögen der reichen Autonomen Provinz
Lukas Steinwandter

Das italienische Verfassungsgericht hat am Mittwoch vergangener Woche äußerst positiv für Südtirol entschieden: Die Regierung in Rom muß in Sachen Stabilitätspakt im Einvernehmen mit den autonomen Regionen handeln. Der Staatshaushalt darf nicht einfach als übergeordnetes Interesse gewertet werden, wenn es gilt, über die notwendigen Sparmaßnahmen zu entscheiden.

Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) konnte sich über das Urteil freuen, bestätigt es doch seine Verteidigungsstrategie gegen Rom, die er zeitgleich gemeinsam mit seinem Trientner Amtskollegen Lorenzo Dellai (PD) abstimmte. Denn Italiens Ministerpräsident Mario Monti, der mit wenig Phantasie versucht, die Staatsschulden in den Griff zu bekommen, dreht weiter an der Steuerschraube.

Dazu gehört die neue Immobiliensteuer IMU (Imposta municipale unificata, zu deutsch: vereinheitlichte Gemeindesteuer), die vor allem im wohlhabenden Südtirol für großen Unmut sorgte. Der Premier, so der Vorwurf, hole sich das Geld dort, wo etwas zu holen ist.

Für ein Haus, welches (wie im ärmeren Süditalien durchaus nicht unüblich) in keinem Kataster verzeichnet ist, muß keine Steuer bezahlt werden. In Südtirol dagegen ist seit Kaiserin Maria Theresia jedes Haus im Grund- und Bodenkataster eingetragen, so daß kein Eigentümer dem Fiskus entkommen kann.

Für Schlagzeilen sorgte auch die Forderung aus Rom, Südtirol müsse 1,3 Milliarden Euro an den Süden abgeben. Eine stolze Summe, wenn man bedenkt, daß der Südtiroler Landeshaushalt für 2012 rund 5,1 Milliarden Euro umfaßt. Auch Durnwalders Kollege Dellai betonte, die mit einem Sonderstatut versehene Region Trentino-Südtirol gehöre nicht zur „Italia sprecona“, sondern zur „Italia che funziona“, nicht zum verschwenderischen, sondern zum funktionierenden Italien.

Die sich stets zur Vollautonomie bekennende Südtiroler Volkspartei schimpfte, die Autonomie werde mit Füßen getreten. Südtirol habe im Gegensatz zu Italien bisher gut gewirtschaftet und dürfe deshalb nicht in diesem Ausmaß belastet werden, daß dabei seine Autonomiekompetenzen wiederholt beschnitten würden.

Der Fraktionssprecher der Freiheitlichen im Landtag, Pius Leitner, meinte gegenüber der JUNGEN FREIHEIT kritisch: „Der Stern von Ministerpräsident Monti verblaßt nach und nach. Die Menschen erkennen, daß er kein ‘Wunderwuzi’ ist, sondern auch nur mit Wasser kocht. Tatsächlich ist Herr Monti nicht einmal ein gewählter Volksvertreter, sondern ein von der EU eingesetzter kommissarischer Verwalter einer von Politikern verursachten Konkursmasse.“

Das verbale Säbelrasseln der beiden Landeshauptleute hält Leitner für halbherzig und unglaubwürdig. Es ginge nicht allein um das Einhalten von Verträgen, sondern um etwas Grundsätzliches. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, mit den Römern Klartext zu reden! Es geht um nicht weniger als um die Zukunft unserer Kinder und nachkommender Generationen“, so der Landtagsabgeordnete.

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