© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  32/12 03. August 2012

Blick in die Medien
Sommer, Sonne, Silicon Valley
Michael Manns

Wir sehen einen Mann unter der Sonne Kaliforniens. Warmer Wind streichelt seinen Dreitagebart. Er spürt den Sound von Flower-Power, er hört die Musik von Janis Joplin und Jimi Hendrix und ahnt den Summer of Love: Freie Liebe zwischen Bäume-Verstehern, pilzessenden Gurus und LSD-Schluckern. Er wird eine Harley-Davidson besteigen und in die untergehende Sonne brettern. Das ist es: Born to be wild!

Kai Diekmann, Chefredakteur von Bild, hat sich eine Auszeit genommen. Mindestens von einem halben Jahr, sogar von einem Jahr wird getuschelt. Jetzt ist er auch noch früher aufgebrochen als geplant, nämlich schon im Juli. Zusammen mit zwei weiteren Springer-Managern ging es ab in das kalifornische IT-Mekka Silicon Valley.

Diekmann auf den Spuren der 68er? Schwer zu glauben! Denn bekämpfte er doch wie kein zweiter die studentische Kulturrevolution von einst (siehe sein Buch „Der große Selbstbetrug“). Kuschelpädagogik, Faulheit, Ichbezogenheit, warf der Reserveoffizier ihnen vor.

Nein, Diekmann und seine California-Connection unternehmen einen Forschungsausflug. Sie sollen die „Zukunftsfähigkeit von Journalismus in Zeiten digitalen Wandels“ ergründen. Ein Auftrag, um den auch andere Angestellte ihn beneiden dürften. Vielleicht hatte Verlagschef Mathias Döpfner im Jubiläumsjahr – Bild wurde gerade erst 60 Jahre alt – ja die Spendierhosen an.

Hält er das aus – so viele Monate in der Fremde und ohne Droge Bild? Unlängst trompetete er noch in einer firmeneigenen Postille: „Ich bin bei Bild glücklich wie am ersten Tag.“

Sollte „Kalifornien-Kai“ aber doch Heimweh bekommen und des Trostes bedürfen, einer wird ihn bestimmt nicht anrufen und Aufmunterndes auf seine Mailbox sprechen: der von ihm gejagte Ex-Bundespräsident Christian Wulff.

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