© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/12 10. August 2012

Jobmaschine für Soziologen
„Diversity Management“: Mit gezielten Schulungen wird Mitarbeitern von Unternehmen der Segen der „Vielfalt“ nahegebracht
Georg Thiele

Gender Mainstreaming ist in die Jahre gekommen. Seit 1998 ist die Gleichstellungspolitik EU-Programm – und die Bilanz kann sich aus der Sicht der Befürworter sehen lassen. Das Prinzip des Gender Mainstreaming ist in den Verwaltungen des Öffentlichen Dienstes mittlerweile fest verankert und nimmt nun auch verstärkt Einfluß auf die Personalpolitik der Wirtschaft. Dabei wird teilweise ganz gezielt versucht, auch weniger qualifiziertes Personal des „richtigen“ Geschlechts oder der passenden Ethnie in gut bezahlten beruflichen Positionen unterzubringen.

In der öffentlichen Verwaltung gehören Gleichstellungspläne und Frauenquoten längst zum täglichen Brot der Personalchefs. Obwohl das Grundgesetz die Forderung nach einer Bestenauslese festlegt, ist es mit dem Instrument der „Personalentwicklung“ möglich, aus „strategischen“ Gründen Karrieren vorzuzeichnen. Dabei geht es nicht um Effizienz. In der freien Wirtschaft hingegen ist spätestens dann mit derartigen Überlegungen Schluß, wenn durch Mißwirtschaft die Existenz des Betriebes auf dem Spiel steht. Wenn nicht mehr die fähigsten Mitarbeiter Spitzenpositionen erlangen können, dann leidet jeder Betrieb und letztlich die gesamte Wirtschaft. Denn welches Unternehmen kann es sich auf Dauer leisten, Prämien oder Beförderungen nicht nach Leistung sondern nach „Verschiedenartigkeit“ zu verteilen?

Dennoch nimmt der Druck von Lobbyisten und Medien auch auf die Dax-Unternehmen stetig zu, „endlich“ Frauenquoten einzuführen. In Gestalt von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen oder Bildungsministerin Annette Schawan (beide CDU) findet diese Position auch in der Bundesregierung starke Fürsprecher. Dabei ist die Frauenquote noch längst nicht das Ende der Fahnenstange, denn dahinter wird bereits das nächste Werkzeug politischer Korrektheit sichtbar: Es läßt sich unter dem Sammelbegriff „Diversity Management“ zusammenfassen. Es ist eine Ideologie, die in der Öffentlichkeit nicht den Nachweis erbringen muß, richtig zu sein, weil sie von ihren Verfechtern per se als „gut“ verkauft wird. „Diversity Management“ bedeutet, daß nicht nur Männer und Frauen gleich (nicht gleichwertig) sind, sondern daß davon ausgegangen wird, daß es auch keine Unterschiede nach ethnischer Herkunft, Nationalität, Alter, Behinderung oder sexueller Orientierung gibt.

Entstanden ist die neue Ideologie in den Vereinigten Staaten als Bündnis zwischen Bürgerrechtsbewegung und Feminismus. Der neue „Geschäftszweig“ hat sich mittlerweile zur „Jobmaschine“ für Soziologen und Psychologen entwickelt. Nicht nur die Aussicht auf eine bezahlte Arbeit ist attraktiv, sondern auch die Höhe des Honorars verlockend. Denn für die angebotenen Tagesseminare zur Einführung in das „Diversity Management“ werden schnell einige tausend Euro fällig.

Dafür erfährt man in den Kursen unter anderem, daß „Diversity“ für die Produktivität der eigenen Firma ein „Gewinn“ sei. Unternehmer sollen davon überzeugt werden, daß Heterogenität ein Vorteil für sie ist. Verschiedenheit müsse daher im Sinne positiver Wertschätzung hervorgehoben werden.

Im Seminar werden die Teilnehmer auf Zeit wahlweise zum Schwarzen oder Transsexuellen erklärt und müssen sich den ganzen Tag mit der neuen eigenen Identität befassen und daraus ihre Schlüsse ziehen. So schräg dieses Programm anmutet, so blumig ist die Selbstdarstellung der Anbieter. Da lockt etwa der „Fix Interkultureller Service“ mit der Erkenntnis: „Ein Aspekt der sozialen Vielfältigkeit ist die interkulturelle Vielfalt. Die „Unternehmensberatung für Menschen“ in Nürnberg gehört gleich auch noch dem „Fachverband Gewaltfreie Kommunikation“ an.

Die Referenzlisten der zahlreichen Diversity-Trainings-Firmen können sich durchaus sehen lassen. Auch große Unternehmen wie die Deutsche Bank oder die Telekom lassen ihre Mitarbeiter in den Genuß dieser Schulungen kommen. Das macht sich auch in der Außendarstellung gut. Daneben nutzen Firmen das „Diversity Management“ allerdings mittlerweile auch beim Personalabbau. So können etwa Verstöße gegen entsprechende „Betriebsvereinbarungen“ als nützliches Utensil für eine verhaltenbedingte Kündigung gebraucht werden. Dadurch lassen sich die Mitarbeiter gleich viel besser disziplinieren.

Ob dieser „Nebenefekt“ allerdings im Sinne der Erfinder ist, darf bezweifelt werden.

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