© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/12 17. August 2012

CDU-Konservative
Das Ungeheuer von Loch Ness
Dieter Stein

Mitten im Sommerloch macht eine mutige Schar von CDU-Abgeordneten mobil. Ohne Rücksicht auf ein denkbares Karriereende riskieren sie den Schritt an die Öffentlichkeit und bekennen sich als – Konservative? Nein, es sind 13 Bundestagsabgeordnete, die unter dem frenetischen und nahezu einmütigen Beifall der Medien und Opposition sperrangelweit offenstehende Scheunentore einrennen und die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe fordern. Daß es noch immer erstauntes Raunen im Publikum auslöst, wenn die CDU im nur noch elektronenmikroskopisch wahrnehmbaren Bereich existente konservative Rudimente tilgt, zeigt, wie zählebig Image-Bilder sind und wie schwer Marken neu zu prägen sind.

Letztlich leistet die CDU in keinem gesellschaftspolitischen Bereich mehr Widerstand gegen eine linksliberale Politik des Egalitarismus. Insofern werden lediglich nostalgische Gefühle geweckt, wenn in der Parlamentspause die Wiedergeburt einer konservativen Plattform in der CDU als Phantom durch das verwaiste Regierungsviertel geistert. So soll der „Berliner Kreis“ um Wolfgang Bosbach, Christean Wagner, Mike Mohring und andere in der kommenden Woche an die Öffentlichkeit treten. Ein „Manifest“ zur programmatischen Erneuerung der CDU soll gar präsentiert werden.

Die Fata Morgana einer konservativen Renaissance in der CDU erinnert an die alljährliche Suche nach dem Ungeheuer von Loch Ness. Im Unterschied zu den dreizehn Quislingen der Homolobby treffen die versprengten Konservativen in der CDU aber nicht auf einen breiten „zivilgesellschaftlichen Konsens“. Die endgültige Kapitulation der CDU vor dem Zeitgeist wird von einst konservativen Blättern wie FAZ oder Welt nicht mehr mit einer Gegenkampagne quittiert, vielmehr in der Regel beflissen souffliert, schließlich nurmehr gelangweilt, allenfalls mit einem Rest von Melancholie zur Kenntnis genommen, um dann wieder zur Tagesordnung überzugehen. Andere „gesellschaftlich relevante Gruppen“ wie die Kirchen profilieren sich lieber beim „Kampf gegen Rechts“, als Institutionen wie Ehe und Familie zu verteidigen und die Union an ihr „C“ im Parteinamen zu erinnern.

Insofern ist es bemerkenswert, aber aller Erfahrung nach politisch folgenlos, wenn sich ein Kreis in der CDU explizit als „konservativ“ konstituiert. Es sei denn, es tauchte jemand überraschend auf, der die herkulesartige organisatorische Aufgabe anpackt, eine innerparteiliche Reconquista durchzuführen oder einen schlagkräftigen rechten Flügel von der CDU abzuspalten, der als konservative Partei jene 20 Prozent mobilisiert, die die CDU ohne „liberale Positionen“ nach Gerd Langguth lediglich erreichen würde. Doch wahrscheinlich wird eher das Ungeheuer von Loch Ness gefangen, als daß dieser Fall eintritt.

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