© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/12 17. August 2012

Hoffnungsschimmer für Nadja Drygalla
Olympische Spiele: Nach der Wende in der angeblichen „Nazi-Affäre“ scheint für die Ruderin der Weg in die Sportförderung der Bundeswehr wieder offen
Marcus Schmidt / Felix Krautkrämer

Die Ruderin Nadja Drygalla kann wieder hoffen. Darauf, daß sie ihren Sport auf höchstem Niveau weiter betreiben kann. Darauf, daß sie zumindest teilweise in der Öffentlichkeit rehabilitiert wird.

Anfang der Woche stellte der Deutsche Ruderverband (DRV) der Athletin, der die Mitgliedschaft ihres Freundes in der rechtsextremistischen Szene zum Vorwurf gemacht wurde, in Aussicht, ihren auf Eis gelegten Antrag auf Aufnahme in das Sportförderprogramm der Bundeswehr wieder auf die Tagesordnung zu setzen. „Aus aktueller Sicht und den Kenntnissen, die wir momentan haben, spricht nichts dagegen“, sagte der DRV-Vorsitzende Siegfried Kaidel. „Sie hat nie in irgendeiner Weise rechtsextremes Gedankengut weitergegeben. Wenn wir endgültige Erkenntnisse haben, können wir darum bitten, den Fall weiter zu bearbeiten.“ Er verwies ausdrücklich darauf, daß der Antrag niemals zurückgezogen, sondern lediglich zurückgestellt  worden sei.

Schon in der vergangenen Woche hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) deutlich gemacht, daß Drygalla durchaus auf eine Aufnahme in das Sportförderprogramm hoffen könne (JF 33/12). Zunächst müsse aber erst einmal Ruhe „in die Sache“ kommen. „Dann kann man im Herbst weitersehen“, sagte der Minister, der sich beeindruckt von der Distanzierung Drygallas vom Rechtsextremismus zeigte, der Nachrichtenagentur dpa. „Aber in Ruhe und nicht in der Atmosphäre der letzten Tage.“ Der Minister, der mit Blick auf die öffentliche Debatte davon gesprochen hatte, es seien Grenzen überschritten worden, hatte mit seiner Intervention eine Wende in der Debatte über den Umgang mit Drygalla herbeigeführt.

Zuvor waren die Wogen aber noch einmal hochgeschlagen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, hatte anläßlich eines Besuches der Olympiamannschaft von Drygalla eine ernsthaft gemeinte Abkehr vom Rechtsextremismus gefordert. In der Bibel stehe, „wenn ein Gottloser von seiner Gottlosigkeit umkehrt, so soll’s ihm nicht schaden, daß er gottlos gewesen ist“, sagte Schneider der Welt. Eine solche Umkehr müsse auch Drygalla zugestanden werden. Allerdings verlange die Bibel einen echten Sinneswandel und dies gelte auch im Fall der 23 Jahre alten Ruderin. Dieser müsse „tatsächlich errungen und ernst gemeint sein“, sagte der EKD-Vorsitzende.

Auf Facebook hat sich unterdessen eine Gruppe mit dem Namen „Solidarität mit Nadja Dygalla“ formiert, die mittlerweile mehr als 7.000 Mitglieder zählt. Der Gründer der Gruppe, der 27 Jahre alte Jurist Martin Reinhardt, begründete seine Initiative mit einem spontanen Reflex. „Natürlich sind Rechtsextremisten Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, aber einen Menschen ohne Verteidigungsmöglichkeit in Sippenhaft zu nehmen, das fand ich gefährlich“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Dies sei für die Demokratie und den Rechtsstaat gefährlich. „Letztlich spielt man mit so einem Verhalten auch den Rechtsextremisten und insbesondere der NPD in die Hände. Wenn die sich bei einer solchen medialen Hetzjagd als einzige vor das Opfer stellt, kann ihr das Sympathien verschaffen, gerade weil viele Bürger in unserem Land den Umgang mit Nadja Drygalla ebenfalls ablehnen. Dies gilt es zu verhindern“, sagte Reinhardt, der Mitglied der CDU ist.

Er hoffe, daß seine Initiative langfristig wirke. „Denn ich fürchte, ein solcher Fall kann sich jederzeit wiederholen. Es braucht doch nur ein gewisses Reizwort wie zum Beispiel ‘Nazi’ und schon macht sich die mediale Meute ohne Rücksicht auf Verluste auf den Weg. Darauf will unsere Initiative aufmerksam machen und davor warnen“, sagte er.

 www.facebook.com/SolidaritatMitNadjaDrygalla

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