© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/12 17. August 2012

CD: Masha Qrella
Auf der Stilsuche
Georg Ginster

In den vergangenen Jahren hat Masha Qrella immer wieder einmal in die große Welt des Musikgeschäfts hineinschnuppern dürfen. Auf den Tourneen prominenter Bands wie Calexico, Blumfeld und Stereolab half sie den Besuchern durch ihr Vorprogramm, die Zeit bis zum Auftritt der Stars zu überbrücken. Eine schlechte Figur soll sie dabei nicht abgegeben haben.

Für eine eigene Karriere größeren Zuschnitts reichte es bislang, Qrella ist eine Mittdreißigerin, jedoch nicht. Vielleicht fehlte es ihr an Fürsprechern oder Seilschaften. Vielleicht haftete ihr aber auch zu sehr das Lokalkolorit an. Qrella ist Berlinerin, und in der Hauptstadt gibt es Bezirke, in denen sich mindestens jeder zweite Bewohner als Künstler empfinden dürfte. Kleinkunstbühnen und öffentlich subventionierte Projekte sorgen für Beschäftigung und Almosen, wo sich der große Wurf partout nicht einstellen will. Auch Qrella war in derartige Aktivitäten verstrickt, vielleicht erklärt dies die siebenjährige Pause, bis sie nun endlich ihr neues Soloalbum „Analogies“ (Morr Music) vorlegen konnte.

Der Titel der CD gibt einen charmanten Hinweis auf das, was sie charakterisiert. Qrella verfügt über ausgewiesene Erfahrungen in der Neuinterpretation von „Klassikern“ der Populärmusik von Kurt Weill und Frederick Loewe über Leonard Cohen bis hin zu Bryan Ferry. Nun klingen die eigenen Stücke auf ihrer neuen Veröffentlichung so, als wären sie Cover-Versionen – allerdings solche, die einen eigenständigen und betörenden Stil verraten.

Qrella bewahrt ihre Anfänge im Post Rock in mit weicher Stimme vorgetragenen elegischen und eingängigen Liedern. Damit bewegt sie sich in einem Genre, das momentan en vogue ist. Sogenannte „Singer/Songwriterinnen“, die im Stilmix aus Folk und Indierock mal nachdenkliche, mal verträumter Töne anschlagen, sind in den vergangenen Jahren in kaum noch übersehbarer Zahl zutage getreten. Qrella muß hier keinen Vergleich scheuen. Falls das Publikum davon noch immer nicht übersättigt sein sollte, könnte hier auch sie ihre Chance haben.

Eine solche mag jedoch der amerikanischen Band Dandy Warhols, die sich nach längerer Schaffenspause mit „This Machine“ (Naive/Indigo) wieder auf den Markt gewagt hat, kaum noch jemand gönnen. Von ihren nun auch schon fast zwei Jahrzehnte zurückliegenden Anfängen an beherrschte sie letztendlich nur ein Metier: mit gelangweilter Miene und in lässiger Pose langweilige, dem Psychedelic Rock nachempfundene Stücke vorzutragen. Dies sollte eigentlich nicht schwer sein. Wer in diesem Genre sein Glück versucht, muß nur so daherkommen, als stünde er unter Drogen, unbeirrt simple Songstrukturen auswalzen und diese mit schlaftrunkener Stimme kolorieren.

Bei den Dandy Warhols erschien jedoch selbst diese einfache Übung gekünstelt und gewollt, nicht einmal die Parodie hätte man ihnen abgenommen. Noch schlimmer aber: Sie wollten mehr. „This Machine“ bildet diese gescheiterten Ambitionen trotzig und hilflos ab. Die Stücke fasern in alle möglichen Richtungen aus, ohne an ein Ziel zu gelangen. Etwas Abstruseres als ihre Fassung von „16 Tons“ ist kaum vorstellbar. Vielleicht haben aber die Musiker Erbarmen mit der Welt, und diese CD ist endlich der Schlußpunkt einer überflüssigen Band.

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