© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/12 24. August 2012

James Wesley, Rawles. Überlebensguru, Bestsellerautor und Endzeitprophet
Der letzte Amerikaner
Ronald Berthold

Im Friedrichjahr sei die Frage gestattet: Was haben das Schloß des großen Preußenkönigs „Sans, Souci“ und James Wesley, Rawles gemeinsam? Das Komma im Namen. Was in Potsdam das Versehen sprachunkundiger Handwerker war, ist beim amerikanischen Apokalyptiker ein Markenzeichen: Mit dem Strich möchte er auf die Grenze zwischen Individualbesitz und Gemeingut aufmerksam machen.

„Lange hat ihm niemand zugehört, dann kam die Wirtschaftskrise, jetzt wird er gelesen“, schreibt die FAZ über ihn. Denn der christliche Rechte und Patriot Rawles denkt seit gut zwanzig Jahren das bis vor kurzem für die meisten Undenkbare: Wie bereiten wir uns auf den totalen wirtschaftlichen Zusammenbruch vor? Er geht dabei weit über Inflation und Währungsreform hinaus und fragt, was der komplette wirtschaftliche Niedergang für die Menschen bringen wird: Was, wenn Geld als Tauschmittel nicht mehr gefragt ist? Wenn die ärztliche Versorgung, die staatliche Ordnung kollabiert? „Wenn Stromversorgung und Gesellschaft zusammenbrechen, können die großen Städte zu Todesfallen werden“, warnt Rawles und rät in dünnbesiedelte Gebiete zu ziehen, Nahrung und Gold zu bunkern, Brunnen zu bohren, Nutzvieh zu halten, Wild zu schießen.

Der 52jährige ist Vordenker einer Bewegung, die in den USA immer mehr Zulauf bekommt. Was bis vor kurzem ein Feld für Spinner und Untergangsapologeten war, beschäftigt angesichts wachsender Schuldenberge immer mehr Amerikaner. Der von Rawles betriebene Survival-Blog hat laut Los Angeles Times jede Woche etwa 300.000 Besucher.

Sein inzwischen auch auf deutsch erschienener Ratgeber „Überleben in der Krise. Handbuch für unsichere Zeiten“ ist in Rawles Heimat ebenso ein Bestseller wie sein Buch „Patrioten. Roman vom Überleben des kommenden Kollaps“, das sich ebenfalls als Handlungsanleitung versteht und bis März 2012 die erstaunliche Auflage von 122.000 Exemplaren erreichte. Inzwischen hat Rawles Verträge in neun Sprachen, und auch die Verkaufszahlen der Fortsetzung gingen durch die Decke, für diesen September ist nun Teil drei angekündigt.

Natürlich lebt Rawles selbst nach seinen Regeln. Auf ihrer Farm scheren er und seine Frau Schafe, spinnen Wolle, stricken Kleider, züchten Vieh und unterrichten die Kinder zu Hause.

Geboren 1960, führte Rawles zunächst ein normales Leben, er studierte, diente als Offizier im Heer. Doch unmittelbar nachdem Präsident Clinton den Amtseid geleistet hatte, quittierte er 1993 den Dienst. Einen linken Präsidenten konnte er mit seinem Selbstverständnis als das Vaterland verteidigender Patriot nicht vereinbaren.

Rawles setzte ein Zeichen – nicht nur in seinem Namen –, stieg aus und wartet seitdem auf die Apokalypse.

www.survivalblog.com

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