© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/12 24. August 2012

Glühender Antikommunist
Brian Crozier: unbekannt, aber sehr einflußreich
Ronald Gläser

Brian Crozier war ein Multitalent. Der Angloaustralier war Pianist, Maler und Sprachexperte. Als Globetrotter interviewte er zeit seines Lebens rund 60 Staatsmänner, eine rekordverdächtige Zahl. Crozier arbeitete als Journalist unter anderem für Reuters, die BBC, den Economist und das erzkonservative US-Magazin National Review.

Noch wichtiger als seine publizistische Tätigkeit war seine politische Arbeit, die sich vielfach im geheimen abspielte. Als junger Mann hegte der 1918 geborene „Aktivist“ (Selbstcharakterisierung) zunächst Sympathie für den Kommunismus. 1947 die Metamorphose: Er wurde Antikommunist. Sein Ziel wurde der Kampf für die Freiheit. Zunächst als passiver Beobachter, dann als aktiver Spieler im Kalten Krieg. Nach eigenen Angaben arbeitete er im Laufe der Jahre mit allen wesentlichen Spionageorganisationen des Westens zusammen, darunter denen der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Argentiniens und Taiwans. Er war als Berater für Margaret Thatcher und Ronald Reagan tätig und bei antikommunistischen think tanks aktiv.

Seine Autobiographie „Free Agent, the unseen war 1941–1991“ handele nicht vom Zusammenbruch des Kommunismus, so Crozier. Sondern vom „mangelnden westlichen Kampfwillen, der es der Sowjetunion fast ermöglicht hat, zu überleben“. In dem Buch hob er neben den eigenen Erfolgen vor allem die erfolgreiche Zersetzungstätigkeit von KGB, Stasi etc. im Westen hervor.

Dazu gehören auch seine Berichte über die Spiegel-Affäre. Erstaunlicherweise hat seine These über diese Staatsaffäre, die bald fünfzig Jahre zurückliegt, hierzulande keine große Rolle gespielt. Kurz gesagt: Für Crozier war alles vom Osten, namentlich dem tschechischen Geheimdienst, gesteuert. Ziel der Ost-Agenten sei es gewesen, Franz Josef Strauß als Adenauernachfolger unmöglich zu machen. Was gelungen ist, Strauß‘ Fehler während der Affäre aber auch nicht mindert. Crozier, der noch andere pikante Details über die kommunistische Infiltration der westdeutschen Medien schildert, und Rudolf Augstein führten einen jahrelangen Prozeß um Croziers These, der nach seiner Schilderung mit einer außergerichtlichen Einigung endete.

Am 4. August, seinem 94. Geburtstag, ist Brian Crozier gestorben. Aus ihm nahestehenden Kreisen sind widersprüchliche Nachrichten zu hören: Die einen sagen, er sei sehr krank gewesen. Die anderen berichten davon, er habe sich bis zum Schluß bester Gesundheit erfreut. So ist sogar das Ableben dieses Mannes noch geheimnisumrankt.

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