© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/12 31. August 2012

Flutwelle der Gewalt
Südafrika: Zahl der ermordeten weißen Farmer steigt und steigt / Bauernverband bittet um Hilfe
Yorck Tomkyle

Als der kleine Freddie van Eyk sich am Eingang seiner Schule von seiner Mutter verabschiedete konnte niemand ahnen, daß er sie nie wiedersehen würde. Die Täter schlugen zu, als Ronél van Eyk das Tor zu ihrer Farm in Hartbeesfontein im Nordwesten Südafrikas öffnen wollte. Aus nächster Nähe abgefeuert, durchschlugen die Geschosse der großkalibrigen Waffe ihr Gesicht und die Brust. Während die Mörder flüchteten, rief sie sterbend den Nachbarn an, um Hilfe zu holen. Jurie Fourie wird sich später nur noch an ein langgezogenes Röcheln erinnern.

Das ist nur einer von mehreren Morden und Mordversuchen an weißen Bauern in Südafrika, die im August dieses Jahres verübt wurden. Auch vor Ausländern machen die Mörder nicht halt: Der US-amerikanische Manager eines Hofes der US-Firma SBH Farms wurde bei einem Machetenangriff schwer verletzt.

Mit einer Mordrate von 274 auf 100.000 sind weiße Bauern in Südafrika die am stärksten gefährdete ethnische Gruppe weltweit. Die weltweit tätige Allianz gegen Völkermord „Genocide Watch“ stuft die Gefahr eines Völkermordes an weißen Südafrikanern daher weiterhin als hoch ein. Aktuell verharre das Land in der achtstufigen Völkermord-Skala im Stadium fünf – dem Stadium der Polarisierung, in dem das gesellschaftliche Klima zunehmend von Extremisten aufgeheizt und moderate Stimmen gewaltsam unterdrückt werden.

Bereits im Stadium sechs kommt es zur systematischen und gewaltsamen Ausgrenzung sowie zur Bildung von Sammellagern für den unterdrückten Teil der Gesellschaft. Im Stadium sieben erfolgt dann der Massenmord.

Seit dem Ende der Apartheid sehen sich insbesondere weiße Bauern und ihre Familien in Südafrika einer jahrelangen Gewaltwelle ausgesetzt, der aktuell bereits weit über 3.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Allein in der ersten Hälfte dieses Jahres stieg die Zahl der pro Monat getöteten weißen Bauern kontinuierlich an.

Die Morde werden zum Teil mit erheblicher Brutalität und Grausamkeit ausgeführt, was häufig die Verdrängung der verängstigten Nachbarn zeitigt. Genocide Watch zufolge werden die Taten von den südafrikanischen Behörden dennoch nicht mit dem nötigen Nachdruck verfolgt. Demgegenüber seien aber die Bürgerwehren der Bauern aufgelöst und deren Waffen eingezogen worden.

Hintergrund der in letzter Zeit wieder stetig steigenden Zahl der Morde seien Genocide Watch zufolge rassistische Äußerungen von ANC-Politikern, in denen diese trotz richterlich angedrohten Sanktionen immer wieder unverhohlen zum Mord an Weißen aufrufen. So hat in jüngster Vergangenheit selbst der südafrikanische Präsident Jacob Zuma öffentlich ein rassistisches Lied aus der ANC-Kampfzeit mit dem Titel „Shoot the Boer“ angestimmt. Dieses lange vergessene Lied war im Jahre 2010 von dem damaligen Führer der ANC-Jugendorganisation, Julius Malema, bei mehreren öffentlichen Großveranstaltungen gesungen und enthusiastisch von seinen Anhängern aufgenommen worden. Obwohl Malema daraufhin offiziell vom ANC kaltgestellt und juristisch belangt wurde, dreht sich seither die Spirale von Haß und Gewalt gegen Weiße schneller am Kap.

Die jüngste Gewaltwelle erhob sich unmittelbar nach Äußerungen Malemas, nach denen die weißen Bauern entweder ihr Land entschädigungslos an Schwarze abgeben oder aber „eine Flut der Gewalt von wütenden schwarzen Jugendlichen“ ertragen müßten.

Noch ist der südafrikanische Agrarsektor der leistungsstärkste südlich der Sahara und eine der größten Säulen der heimischen Wirtschaft. Ein Blick über die Grenze nach Simbabwe zeigt, wohin der Terror gegen die weißen Bauern letztlich führt: Dort sank die Zahl der kommerziellen Bauern von etwa 4.000 im Jahre 2000 auf aktuell um die 500. Die Nahrungsmittelproduktion ist weitgehend zusammengebrochen, die gesamte Wirtschaft des Landes durch das politisch verschuldete negative Investitionsklima zerrüttet.

Die Interessenvertretung der südafrikanischen Bauern, TLU / TAU SA, versucht nach dem jüngsten Mordversuch an dem US-Amerikaner, Druck auszuüben, indem sie öffentlich den US-Botschafter auffordert, zu intervenieren.

„Es scheint, als hätten die Farmer keine andere Chance, als sich auf einen Krieg vorzubereiten“, erklärte der Vizepräsident von TAU SA, Henry Geldenhuys, Mitte Juni und verwies abermals auf den Mord an dem 77jährigen Johan van Rensburg. Dieser Mord, so Geldenhuys, wurde just einen Tag später verübt, nachdem Ronald Lamola, Chef der ANC-Jugend, eindringlich unterstrichen hatte, daß es eine Ilusion sei, wenn Südafrikaner noch glaubten, ihr Land mit friedlichen Mitteln zurückzubekommen.

www.tlu.co.za

Foto: Plaasmoorde – Farmmorde: Mahnmal für die seit dem Jahr 1994 getöteten Bauern nahe Mokopane im Nordwesten Südafrikas (Archivfoto 2010)

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