© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/12 31. August 2012

Zeitschriftenkritik: P.M. History Collection
Des Reiches Herrlichkeit
Marcus Schmidt

Wer in der weltlichen Schatzkammer der Wiener Hofburg vor den Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation steht, wird sich dem Zauber und der Magie dieser tausend Jahre alten funkelnden Kostbarkeiten, allen voran die achteckige, reich mit Edelsteinen und Perlen verzierte goldene Kaiserkrone, nicht entziehen können. Über Jahrhunderte wurden diese Gegenstände wie Heiligtümer verehrt, und nur wer in ihrem Besitz war, konnte auf Dauer seinen Herrschaftsanspruch als Kaiser in der Tradition der römischen Cäsaren behaupten.

Doch von alldem ist den meisten in Deutschland heute kaum noch etwas bekannt. Die Fokussierung der Öffentlichkeit auf die deutsche Geschichte des
20. Jahrhunderts, insbesondere natürlich auf Hitler und den Nationalsozialismus, läßt für die deutsche Kaiserherrlichkeit des Mittelalters nur noch wenig Platz. Dabei böten Herrscher wie Karl der Große, Otto der Große, Barbarossa, Friedrich II., Heinrich IV. und Karl V. – um nur einige der herausragenden Kaiser zu nennen – Stoff für Dutzende Hollywood-Streifen oder mehrteilige Fernsehfilme. Andere Nationen, die nicht annährend aus solch einem historischen Reichtum schöpfen können, machen es vor.

Um so erfreulicher, daß sich nun ein Sonderheft des Magazins P.M. History den deutschen Kaisern bis hin zu Wilhelm II. widmet. Ansprechend bebildert, spürt das populärwissenschaftliche Magazin aus dem Hause Gruner + Jahr vor allem den Herrschern des ersten deutschen Reiches nach, das über Jahrhunderte die Geschicke Europas prägte. Es spannt dabei den Bogen von den Wurzeln des Kaisertums im Römischen Reich über die Herrscher des Mittelalters bis hin zum Untergang des (tatsächlich) tausendjährigen Reiches 1806 unter dem Druck Napoleons und schließlich zu dem von Bismarck geschmiedeten zweiten deutschen Kaiserreich.

Auch der Wahl der Kaiser aus dem Kreis der Kurfürsten ist ein Beitrag gewidmet. Sie war eine Ursache dafür, daß sich das deutsche Kaisertum nie zu einer starken erblichen Zentralmacht entwickeln konnte, sondern durch Zugeständnisse an die Fürsten immer weiter ausgehöhlt wurde, Ein Blick auf das religiöse „Bildprogramm“ der Kaiserkrone zeigt zudem, daß es sich bei der Pracht der Krone um mehr als eine zufällige Ansammlung von Edelsteinen handelt.

Doch auch dieses Heft kommt nicht ohne Hitler aus. Schon auf der Titelseite lockt die Schlagzeile: „Monarch im Bann des Führers: Wilhelm II. und der Aufstieg Hitlers“. In dem dürftigen Text müssen dann die Hoffnungen Wilhelms II., mit Hilfe Hitlers die Monarchie in Deutschland zu restaurieren, dafür herhalten, den Bogen vom Kaisertum zum „Führer“ zu schlagen, um auch diesen Teil der Geschichte mit dem Nationalsozialismus zu infizieren. Von dieser zeitgeistigen Verirrung abgesehen, bietet das Heft aber einen guten Überblick über einen faszinierenden Abschnitt der deutschen Geschichte, der geeignet ist, vor allem bei jüngeren Lesern die Begeisterung für das Thema zu wecken.

Kontakt: P.M. History, Weihenstephaner Straße 7, 81673 München www.pm-history.de

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