© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/12 31. August 2012
So kommt das Internet ins Fernsehen Sender, Gerätehersteller und Zuschauer forcieren einen neuen Trend: die Verschmelzung von Fernsehen und Internet. Zwar wurde schon in den neunziger Jahren mit Beistellgeräten (Set-Top-Boxen) experimentiert, um das Internet auf die Mattscheibe zu bringen – doch Firmen wie MobilCom oder Met@box sind auch daran zugrunde gegangen. Sie scheiterten, weil die Annahme, jemand wolle auf seinem Wohnzimmermonitor chatten oder Emails schreiben, falsch ist. Wirklich interessant sind vor allem Filme, und die gibt es erst jetzt, im Web-2.0-Zeitalter, zuhauf. Versierte Computernutzer holen sich das Weltnetz eigenhändig auf den Fernseher, indem sie das Gerät an einen Rechner anhängen. Oft liegen aber zwischen dem Rechner im Arbeitszimmer und dem Fernseher im Wohnzimmer mehrere Meter und zwei Wände. Dann muß ein Extra-Rechner her. Beides ist unpraktisch, aufwendig und vor allem platz- und zeitraubend. Aus diesen und anderen Gründen nutzen nur 13 Prozent der Deutschen ihren Fernseher zum Stöbern im Netz. Dabei eröffnen sich viele neue Möglichkeiten. In zehn Jahren wird der TV-Markt nicht wiederzuerkennen sein. Neue Sender, von denen wir heute noch nicht ahnen, werden dazukommen, weil niemand mehr beim Staat eine Frequenz beantragen muß. Kapitalschwache Nischensender werden den Fernsehmarkt weiter fragmentieren und revolutionieren. Schon heute hat etwa der konservative TV-Moderator Glenn Beck in den USA über 300.000 Abokunden seines nur im Internet abrufbaren Senders The Blaze. Die Dinosaurier unter den Sendeanstalten wissen das. Sie sind Getriebene dieser Entwicklung und versuchen sich daher an die Spitze der Bewegung zu stellen: ARD und ZDF investieren massiv in ihre kostenfreien Mediatheken und ihre Internetauftritte. Auch die großen Privatsender befürchten rückläufige Zuschauerzahlen. Mit Minisendern wie Kabel1 Classics oder RTL nitro wollen sie die Zuschauerabwanderung stoppen. Der Schlüssel zum Erfolg des internetfähigen Fernsehers liegt in der Bedienungsfreundlichkeit. Da hat derzeit Apple-TV im Vergleich mit den meisten Smart-TV-Lösungen diverser Anbieter die Nase vorn. Google will jetzt mit Sony in Deutschland nachziehen. Eine interessante Alternative ist der Sat-IP-Converter von Astra, der auf der Internationalen Funkaustellung (Ifa) erstmals vorgestellt wird.
Smart-TV/HbbTV Funktionsweise Neue Fernseher aller wichtigen Anbieter haben HbbTV. Der Internet-Router wird mit dem Bildschirm per LAN-Kabel verbunden – los geht‘s. Vorteil HbbTV ist unkompliziert zu installieren, keine Extrakosten. Nachteil Smartphone mit TV-App notwendig oder unkomfortable Steuerung per Fernbedienung. Preis Im Gerätepreis enthalten.
Apple TV Funktionsweise Bei Apple TV wird via Drahtlosnetzwerk (WLAN) der Film vom iPhone oder iPad auf den jeweiligen Bildschirm übertragen. Kein Kabel erforderlich. Vorteil Das System ist kundenfreundlich und für Apple sogar günstig. Nachteil Andererseits drohen Wackel-bilder dank WLAN. Und: Kunden sind gefangen im iTunes-Kosmos.
Astra Funktionsweise Das Satellitensignal wird in einem Sat-IP-Converter digitalisiert und dann über das WLAN an alle im Netzwerk befindlichen Geräte ausgestrahlt. Vorteil Alle Geräte eines Haushalts sind mit einem Mal angeschlossen. Wer Sat-TV hat, für den ist das interessant. Nachteil WLAN-Problematik: siehe Apple-TV.
Set-Top-Box Funktionsweise Eine Settop-Box ist zwischen Internet und Fernseher geschaltet. Anbieter wie VideoWeb greifen mit Niedrigpreisen den (teuren) Marktführer Telekom an. Nachteil Oft können nur vorgegebene Seiten angesteuert, nur ausgesuchte Sender eingeschaltet werden (z.B. Mediathek). Unpraktische Fernbedienung. Die Internationale Funkausstellung findet vom 31. August bis 5. September in Berlin statt: www.ifa-berlin.de |